Als Jugendlicher hat sich Karl Bleibtreu geschworen, Priester für die Armen zu sein. Als Pfarrer von Linz-Don Bosco weiß er, wo die Menschen der Schuh drückt. Nicht zuletzt hat er einen Anteil an der guten Entwicklung des Franckviertels.
„Friends of Franckviertel“ heißt ein neu gegründeter Verein, der das Image des einst verrufenen Linzer Stadtteils aufpolieren will. Etwa mit einem Stadtteiltreff, dem Café Franck, das die Bewohner/innen besser vernetzen soll. Der Zusammenhalt im Viertel sei grundsätzlich sehr gut, meint auch Karl Bleibtreu, Pfarrer im Franckviertel. „Die Bezeichnung ,Glasscherbenviertel‘ stimmt schon längst nicht mehr“, betont er und sagt gleich dazu: „Ich bin verliebt in das Franckviertel.“ Die Liebe bleibt nicht unbeantwortet: „Die Menschen mögen die Pfarre Don Bosco.“
Traumberuf Armenpriester
Mit dem Franckviertel verbindet den gebürtigen Grazer eine lange Geschichte. Schon vor über 50 Jahren wirkte er hier als „Assistenz-Pfarrer“. In Linz-Don Bosco Priester zu sein ist sein Traumberuf. „Ich komme selbst aus armen Verhältnissen und musste als Kind aus Hunger stehlen, um zu überleben. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Ich habe mir geschworen, dass ich einmal für die Armen Pfarrer sein möchte“, sagt der Salesianer Don Boscos. Wo die Menschen im Franckviertel der Schuh drückt, weiß er aus vielen persönlichen Kontakten. Alkohol, viele Scheidungskinder, enge Wohnsituationen zählt er zu den häufigen Problemen. Die Not lässt ihn nicht unberührt. Im Advent hat er für sechs mittellose Familien eine spontane Sammlung organisiert, damit sie Weihnachten feiern können. Auch die Geschichte eines jungen Mädchens verdeutlicht das große Engagement des Ordensmannes. Die 18-Jährige wurde vor einem Jahr in einem Park mit Alkohol und Drogen zugedröhnt von der Polizei aufgegriffen. Da sie nur „Don Bosco“ sagte, wurde sie zu Pfarrer Bleibtreu gebracht. Der Seelsorger kümmerte sich um das Mädchen, päppelte es mit seinen Mitarbeitern wieder auf. „Ich sagte den Eltern, dass sie jetzt vor allem Liebe und Verständnis braucht“, erzählt er. Heute freut er sich, dass das Mädchen studiert und es ihr wieder gut geht.
Bis Mitternacht erreichbar
Der 79-Jährige ist der wohl aktivste Netzwerker im Franckviertel und sorgt auf diese Weise für eine postive Entwicklung des Stadtteils. Bleibtreu, der von sich sagt, dass er nur vier Stunden Schlaf braucht, ist eigentlich ständig erreichbar. Bis Mitternacht kann man bei ihm anläuten. Als er Ende 2004 in die Pfarre Don Bosco zurück kam, baute er die Jugendarbeit im Franckviertel sukzessive auf. 400 bis 500 Jugendliche, schätzt Pfarrer Bleibtreu, kommen jede Woche auf den Sportplatz oder in den Jugendclub der Pfarre. Regelmäßig organisiert der Priester Fußballturniere. „Man lernt die Kinder und Jugendlichen nur beim Spielen kennen“, sagt Bleibtreu. Von seinem Pfarrbüro aus hat er einen ständigen Blick auf das Geschehen. Kommt wer zum ersten Mal, geht Pfarrer Bleibtreu raus, stell sich vor, erklärt die Regeln.
Der Mensch muss in Ordnung sein
Erst vor Kurzem hat er begonnen, Albanisch und Türkisch zu lernen. „Integration heißt, sich für den anderen zu interessieren“, sagt er. Die Menschen unterteilt einer wie der 79-jährige Priester nicht in Katholiken oder Nicht-Katholiken, gut oder schlecht. „Gott hat auch keine Schubladen“, sagt er. Stolz erzählt er, dass es ein muslimischer Bursch war, der bei einer Aufführung im letzten Jahr den heiligen Don Bosco verkörpert hat. Dass zu seinem Klientel bei Weitem nicht nur klassische Katholiken gehören, stört Pfarrer Karl Bleibtreu nicht: „Es zählt zuerst der Mensch, der muss in Ordnung sein.“