Seit dem Jahr 2000 wird gleich nach Ostern der „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“ begangen. In einer hochtechnisierten Welt bedarf es dieser besonderen Betonung. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2015/15, Barmherzigkeit
07.04.2015
Barmherzigkeit, das ist die Umgangsform Gottes mit dem Menschen – mit jedem Einzelnen, nicht bloß der Menschheit an sich. Wer mit Gott zu tun haben will, gerät in diese Sphäre der Barmherzigkeit. Sie lässt niemanden aus, indem sie etwa sagte: Weil meine Gabe das Problem des Bettelns nicht löst, gebe ich auch dieser einen Bettlerin nichts. Sie entschuldigt sich nicht: Weil meine Hilfe nur ein Tropfen auf den heißen Stein wäre, überlasse ich jegliches Helfen gleich den professionellen Einrichtungen – oder dem Staat. Barmherzigkeit ist die größere, die göttliche Möglichkeit. Sie wächst über bloße Vernunftgründe hinaus. Obwohl mein Tun nur wenig bewirkt, will ich es trotzdem tun. Für diesen einen Menschen. Wenigstens das. Wo Barmherzigkeit ist, ist Hoffnung. Barmherzigkeit ist glauben mit dem Herzen. Ohne Barmherzigkeit würde in den Adern der Kirche kaltes Blut fließen. Sie wäre dann nur noch Organisation, auf reibungsloses Verwalten und Managen menschlicher Freuden und Nöte bedacht. Wie liebesfähig wäre sie dann? Und wie liebenswürdig?