In der Diözese Kissamos gibt es über 60 orthodoxe Frauenvereine. Ihr Ziel ist: Die kretische Frau soll ihren Kopf hoch tragen können, und das nicht nur, wenn sie stolz neben ihrem Mann geht.Wer von der Europäischen Union spricht, darf nicht das Wesen Europas aus dem Blick lassen: Europa ist in der griechischen Mythologie eine schöne Frau, die sich von Zeus entführen ließ und nach Kreta gebracht wurde. Genau auf dieser Großinsel, und zwar ganz im Westen liegt die Diözese von Kissamos und Selinon. Ihr Bischof ist seit 40 Jahren Metropolit Irineos Galanakis. „Ökologie und Schutz der natürlichen Umwelt“ lautete das Motto der Jahresversammlung der mehr als 60 orthodoxen Frauenvereine, zu der Frauen aus der ganzen Diözese am 29. Juli nach Sassalo kamen. In der Liturgie, die im Schatten jahrhundertealter Olivenbäume unter freiem Himmel gefeiert wurde, erinnerte Bischof Irineos daran, daß der Mensch – Mann und Frau – heute nicht mehr als Liturge in der Natur wirke. Vielmehr ist er Konsummensch, der nur zu seinem eigenen Nutzen alles vernichte. „Ihr aber sollt zurückgehen in eure Häuser“, ermutigte Bischof Irineus, „und euren Männern sagen: Der Bischof hat gesagt: Wir sind alle Liturgen des Kosmos, also für die Erde und das Weltall zuständig und verantwortlich.“Erhobenen HauptesVor mehr als 25 Jahren wurden auf die Initiative von Bischof Irineos Galanakis Frauen aus den Gemeinden eingeladen, sich zu versammeln und gemeinsam aktiv zu werden. Die kretische Frau sollte ihren Kopf erhoben tragen können – und das nicht nur, wenn sie stolz neben ihrem Mann geht, sondern auch dann, wenn sie im Haushalt tätig ist, wenn sie Oliven sammelt oder wenn sie außerhalb des Hauses beschäftigt ist. Die Frauenvereine sollten zuallererst den Frauen die Möglichkeit bieten, ihre Stimme in der Gesellschaft ertönen zu lassen, vor allem in einer sich immer stärker wandelnden, säkularen Gesellschaft. Bischof Irineos über die Frauenvereine: „Ziel war und ist es, die Bildung der Frauen auf dem Lande und ihre Aktivierung im Geiste des christlichen Humanismus und Sozialismus.“Eine heilige FrauGeboren und aufgewachsen in einem kleinen kretischen Dorf, sah Irineos Galanakis, wie die Liebe der Mutter oft unnütz vergeudet wurde, weil ihr in der Erziehung ihrer Kinder die Bildung fehlte. Desgleichen erlebte er, daß die charismatische Persönlichkeit der Frau auf dem Dorf keine Gelegenheit finden konnte, um sich auch außerhalb ihrer eigenen vier Wände schöpferisch auszudrücken. Der seiner Zeit weit vorausdenkende Bischof spürte, daß im Gegensatz zu dem von Medien und Moden geprägten Bild die Frau etwas anderes ist. Sie ist etwas Heiliges, und ihre Rolle beschränkt sich nicht darin, das Leben in diese Welt zu bringen, sondern daß ihr in dieser Welt auch eine leitende und rettende Rolle zukommt. Beeinflußt ist der Metropolit darin sicher von den großen Frauenpersönlichkeiten unserer Kirche – der Allerheiligsten Mutter Gottes, den Myrrheträgerinnen und Märtyrerinnen – aber auch von den stolzen kretischen Frauen.Handwerk belebtIm Mittelpunkt der Tätigkeit der Frauenvereine in über 60 Gemeinden stehen Vorträge, Kurse und Seminare, die der Entfaltung der Persönlichkeit der christlichen Frau, ihrer Rolle in der Familie und der Gemeinde dienen. Aber auch konkrete Aktionen, wie soziale Fürsorge, Ausstellungen und Veranstaltungen sind Teil der Arbeit in den Vereinen. Nach und nach wurden größere Schritte gewagt, die zur Gründung von Kooperativen mit Ateliers für Weberei und Werkstätten für Volkskunst führten. Damit leisteten die Frauen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Gewerbes in dieser Region.Wie erste ChristinnenHeute können die Frauenvereine von Kissamos und Selinon als „feministische Bewegung“ bezeichnet werden, die an die Emanzipation der Frau während der ersten christlichen Epoche erinnert. Eine Bewegung, die der Frau Initiativen und Rechte gibt, ohne sie ihrem wirklichen Wesen zu entäußern oder von ihrer Mission abzulenken, wie es bei vielen anderen ähnlichen Bewegungen der Fall ist. An alle christlichen Frauen, die noch in den Gemeinden wirken, hat Bischof Irineos appelliert, „in der christlichen Tradition zu bleiben und in ihr für die Rechte und Anerkennung der Frau zu kämpfen. Bewahrt authentisch die Persönlichkeit der Frau in diesem Gewitter der Perversität und der Konfusion, das wir durchgehen, um mit den schöpferischen Kräften, die euch Gott anvertraut hat, an der Schöpfung einer neuen Menschheit beizutragen.“ Katerina Karkala-Zorba,Kolympari/Kreta