Hermine Ziegelböck über die Zukunft der Nahversorgung durch die Landwirtschaft
Ausgabe: 1998/37, Nachversorgung, Ziegelböck
09.09.1998 - Matthäus Fellinger
Bei der Welser Messe und beim Oö. Umweltkongreß wurde verdeutlicht: Die Zukunft liegt in der Nahversorgung.„Wir sind nicht die Totengräber des Einzelhandels, das sind vielmehr die großen Handelsketten.“ Landesbäuerin LAbg. Hermine Ziegelböck verteidigt die Bemühungen der Landwirtschaft, stärker in der Selbstvermarktung Fuß zu fassen.„Apfelsaft haben wir nicht“, sagt die Kellnerin im Restaurant nach dem Pressegespräch mit der Landesbäuerin bei der „Welser Messe“. Heimische Produkte, vor allem aus der unmittelbaren Umgebung, haben es schwer, auf Speisekarten und in die Regale des Handels zu kommen. Oberösterreichs Bäuerinnen wollen dennoch den Versuch wagen, stärker mit ihren Angeboten präsent zu sein. Mit den bäuerlichen Produkten ist das schwierig geworden. Chancen sieht Hermine Ziegelböck eher im Anbieten von Dienstleistungen. Bäuerinnen leben am Land, umgeben oft von Siedlungen, in denen die Erwachsenen nur zum Schlafen heimkommen. „Die bäuerliche Bevölkerung ist das Rückgrat im ländlichen Raum“, betont Ziegelböck.Ansätze der neuen Entwicklung gibt es bereits: In Perg und in Rohrbach gibt es betreutes Wohnen für Senioren am Bauernhof. Auch in der Kinderbetreuung sieht Hermine Ziegelböck Chancen für Bäuerinnen. Die neuen technischen Voraussetzungen werden es möglich machen, Büroarbeiten per Telekommunikation vom Bauernhof aus zu erledigen. Und schließlich könnte die Landwirtschaft ihre Produkte verstärkt selbst weiterverarbeiten, um so bessere Preise zu erzielen.Nahversorgung bringt ArbeitsplätzeIn der Nahversorgung sahen letzte Woche auch Experten beim Oberösterreichischen Umweltkongreß, der vom 2. bis 4. September in Bad Goisern tagte, den Schlüssel für umweltverträgliche, volkswirtschaftlich sinnvolle und zugleich finanzierbare neue Arbeitsmöglichkeiten. „Nahversorgung mit Nahprodukten sichert Arbeit“, formulierte etwa Ing. Fritz Anger.Für eine zukunftsfähige Wirtschaft wird auch das Handwerk große Bedeutung haben, meinte die Hamburger Zukunftsforscherin Mag. Christine Ax. Das Handwerk werde heute unterschätzt. In Deutschland wäre der „Konzern Handwerk“ heute der größte Arbeitgeber und verzeichne Beschäftigungszuwächse.Notwendig wären allerdings auch neue Verbrauchergewohnheiten, bei denen Qualität und Langlebigkeit von Produkten wieder mehr gefragt sein sollten, wurde betont.Matthäus Fellinger