In einem am vergangenen Freitag veröffentlichten „Brief an die Künstler“ hält Papst Johannes Paul II. ausdrücklich fest, daß die Kirche die Kunst braucht. Zwar orientiert sich der Papst an einem eher traditionellen Kunstverständnis, doch betont er auch die Eigenständigkeit des künstlerischen Ausdrucks: Jede echte Form von Kunst sei „jeweils auf ihre Art ein Zugang zur tiefsten Wirklichkeit des Menschen und der Welt“. Kunst in all ihren verschiedenen Formen stelle deshalb „eine sehr wertvolle Annäherung an den Glaubenshorizont dar.“
Die Verbindung zwischen Evangelium und Kunst sei, so Johannes Paul II., ein überaus „fruchtbares Bündnis“. Weil Kunst so eng mit der Deutung des menschlichen Daseins zu tun habe, „mußte ja die Fülle der Wahrheit, wie sie in den Evangelien entfaltet ist, von Anfang an das Interesse der Künstler wecken.“ Für das 20. Jahrhundert bekennt der Papst freilich die Entfremdung zwischen Kirche und Kunst ein. Doch habe die Kunst, wenn sie echt ist, „auch jenseits ihrer typisch religiösen Ausdrucksformen eine innere Nähe zur Welt des Glaubens.“ Selbst wenn er die dunkelsten Tiefen der Seele oder die erschütterndsten Seiten des Bösen ergründet, werde der Künstler gewissermaßen zur Stimme der universalen Erlösungserwartung.