Das eigentliche Organ des Hörens ist das Herz. In ihm kommt beim Menschen alles zusammen – und formt sich zur Haltung. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2016/03, Zuhören
19.01.2016
„Ich erbitte für mich und für euch ein hörendes Herz“, hat Manfred Scheuer in die Mitte seiner ersten Predigt als Bischof von Linz gestellt. Es ist eine hilfreiche Bitte für den menschlichen und kulturellen Umgang. Oft ist es ja so: Da kommt das Reden den einen zu, das Hören wird von anderen erwartet. Viel Mühe wird darauf verwendet, Botschaften strategisch exakt zu setzen, sodass sie treffsicher ankommen. Ob jemand ein guter Redner ist, gilt als Hauptqualifikation für politische, auch für kirchliche Ämter. Wortgewandte Redner gab es schon viele. Blendende sogar. Sie haben den Menschen nicht immer nur gutgetan. Für das Reden-Lernen gibt es Kurse. Man kann sie buchen. Aber wo lernt man hören? Jenes aufmerksame Hören, das nicht nur nach dem Wortlaut geht, sondern wirklich verstehen will? Das eigentliche Organ des Hörens ist das Herz. In ihm kommt beim Menschen alles zusammen – und formt sich zur Haltung. Bischof Scheuer bittet „für mich und für euch“. Das ist bemerkenswert: Kirche, eine Gemeinschaft von Hörenden. „Die etwas zu sagen haben“. Diese Formulierung bezeichnet die Mächtigen. Mehr noch lebt die Kirche von Menschen, die etwas zu hören haben.