Familien sind die ersten Glaubensschulen. Die Schulbank sind die Arme der Mutter, der Rücken des Vaters, die lachenden Falten der Oma.
Viele Menschen verstehen heute immer weniger den religiösen Sinngehalt unserer christlichen Feste. Daher „verkommen“ diese immer mehr zu reinen Familienfesten. Familie, Beziehungen und Liebe werden zum Religionsersatz. Aber keiner kann für die/den andere/n die ganze Liebe, der ganze Sinn und Inhalt seines Leben hier auf Erden und darüber hinaus sein. Der Mensch kann nicht des anderen Gott sein. Was aber unsere menschlichen Beziehungen sehr wohl sein können und sein müssen, sind Orte und Räume, wo man die Liebe Gottes erahnen und ein Stück weit erfahren kann. Die unbedingte Zusage Gottes an uns, dass wir um unserer selbst willen geliebt und angenommen sind, erfahren wir zuerst einmal durch Menschen, die uns lieben. Kein Kind kann in ein glückliches Leben finden, wenn nicht irgendwann „das Antlitz eines Menschen über ihm geleuchtet hat“. So können unsere Beziehungen zwar nicht Religionsersatz sein, aber der Ort, Erfahrungen zu machen, die Glauben ermöglichen.
Die Schule des Alltags
Christliche Familien müssten also den Glauben weitergeben. Das sagt sich leicht. Unsere Kultur ist zwar auf dem Christentum aufgebaut, dennoch ist es heute nicht leicht, nach christlichen Grundsätzen zu leben. Aber Glaube, Beziehung zu Gott muss man einfach erleben und nicht nur erklärt und befohlen bekommen. „Wenn wir mit unseren Kindern über die Liebe reden, so werden sie lernen, über die Liebe zu reden. Wenn wir sie lieben, werden sie lernen zu lieben.“Kinder sollten die Liebe Gottes durch die Zuwendung ihrer Eltern erleben, die Partner durch die Zuwendung zueinander. In den täglichen Kleinigkeiten! Wenn Kinder z. B. erfahren, dass sie ernst genommen werden, wenn sie etwas sagen wollen, dass ihnen zugehört wird und ihre Probleme und Fragen verstanden werden, dann ist das die beste Gebetserziehung. Wenn Kinder erfahren, was Dankbarkeit bedeutet: nichts Gesolltes, sondern etwas Lebendiges, Freudiges. Ein Erkennenkönnen, wie schön so vieles auf dieser Welt ist, wie viel Gutes wir doch voneinander erfahren, wie schön es ist, beschenkt zu werden und zu beschenken, dann werden sie verstehen, dass die wesentlichen Dinge im Leben nicht machbar und kaufbar sind und dass es so etwas wie „Gnade“ gibt. Wenn sie erfahren, wie heilsam „feste Bräuche“ sind, Rituale, Zeichen, die etwas ausdrücken, was man nicht so leicht sagen kann, dann spüren sie etwas von Sinn und Transzendenz. Dann können sie erkennen, dass göttliche Gebote für unser Glück gut sind. Und wenn man lernt zu lieben, dann wird man aus Liebe Dinge tun, die weit über das Gesetz und den Gehorsam hinausgehen, einfach „dem anderen zuliebe“.
Gegen den Trend
Erziehen zum Glauben heißt vor allem, gemeinsam mit den Kindern das Evangelium des Lebens zu buchstabieren. Es tut so gut, beim Abendgebet sich an Vater oder Mutter kuscheln zu können; es tut später gut, ein Gespräch zu führen, wo Eltern versuchen, auszudrücken, was für sie Glaube bedeutet – und nicht nur als einziges Glaubensgespräch darüber zu streiten ob man in die Kirche geht; und es tut gut zu erleben, dass es Versöhnung gibt. Erziehen heißt auch, sich gegen den Trend zu stellen, wo vordergründig zwar das Gute, Edle und Schöne regiert, aber in Wirklichkeit sich der Stärkere durchsetzt. Das sind nicht die Wege Christi, in dessen Namen wir unterwegs sein wollen. Es ist nicht so leicht, nach diesen Grundsätzen zu leben, und das war es wohl nie. Und es ist auch nicht so leicht, das, was einem wichtig ist, weiterzugeben. So, dass Kinder es verstehen und zu dem Ihren machen. Es gibt so viele „Miterzieher“ ! Und viele erleben schmerzlich, dass diese Weitergabe so gar nicht glücken will.
Schau auf dein Kind
Aber wenn wir unsren Glauben ernst nehmen und Gott vertrauen, dann können wir auch sagen: Lieber Gott, ich habe getan, so gut ich konnte. Bitte schau du auf mein Kind, das ja auch deines ist. Niemand von uns Eltern kann die Liebesgeschichte zwischen Gott und unserem Kind kennen und niemand weiß letztlich, wie sie ausgeht. Aber wir dürfen gewiss sein, dass für uns und unsre Kinder gilt:
So spricht Gott:Ich wollte schon immer mit dir reden, aber du hast mir keine Zeit gelassen. Ich wollte dir schon immer sagen: „Ich bin für dich da.“ Aber du hattest Angst. Ich wollte dir schon immer sagen: „Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir.“ Aber du hast mir nicht geglaubt, sondern mich für fern, für abwesend, für tot gehalten. Ich wollte schon immer mit dir reden, aber du hast mich nicht ausreden lassen, denn es steht dir frei, dich zu entscheiden, ob du mir zuhörst oder ob du abschalten willst. Wenn du bereit bist, auf meine Worte zu hören, dann möchte ich dir sagen: „Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt, Menschenkind. Ich warte, bis du ja zu mir sagst. Ich möchte dich nicht erpressen. Ich kreuze ab und zu deine Wege, ich warte hoffnungsvoll, angstlos auf dein Credo, auf dein Vertrauen zu mir. Ich habe nichts davon, wenn du Angst hast vor mir, aber um dein Vertrauen zu erreichen, tu ich, dein Gott, alles für dich.“ Amen.
Martin Gutl Aus: Ich wollte schon immer mit dir reden