Die Bibel legt Wert auf den Esel, auf dem er hinaufreitet. Alle Leute können sehen, wie er die „Herrschaft“ versteht. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2016/11, Palmsonntag, Seitenblicke
15.03.2016 - Matthäus Fellinger
Heutzutage wäre es Stoff für die „Seitenblicke“– den Platz, an dem die Dinge, die nicht allzu wichtig sind, für die sich aber doch viele Leute interessieren, abgehandelt werden. Wer mit wem und in welcher Garderobe – das sind dort die Themen.
Da kommt Jesus in Jerusalem an und zieht hinauf auf den Ölberg. Was dort geschieht und was er sagt, wäre wichtig, würde man meinen, nicht, wie er hinaufgekommen ist.
Doch die Bibel legt Wert auf den Esel, auf dem er hinaufreitet. Alle Leute können sehen, wie er die „Herrschaft“ versteht, die später vor Pilatus verhandelt wird. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, sagt Jesus.
Da mag man an Papst Franziskus denken, wie er letzten September mitten unter den Limousinen der Staatsherren im Allerleute-Auto durch Washington fuhr? Damals wäre es wohl der Esel gewesen. Ein Arbeitstier. Bei der Bewältigung des Alltags spielt er seine Rolle. Fürs Renommee taugt er nicht. Nur, wer sich kein Pferd leisten konnte, ritt auf dem Esel. Doch da kommt einer, der auf die Zeichen der Macht verzichtet. Ein rassiges Pferd. Ein stolzes Kamel. Ein dicker Dienstwagen. Das wäre ein falsches Zeugnis gewesen. Groß ist, wer klein sein kann. Manchmal ist er doch nützlich, der Seitenblick.