Christusbilder – 2. Teil der KIZ-Serie mit Prof. Günter Rombold
Ausgabe: 2004/46, Galerie, Rombold, Christus, Christusbilder, Serie
11.11.2004 - Günter Rombold
Die zweite Periode des Christusbildes währt vom 5. bis zum 12. Jahrhundert. Sie verherrlicht Christus als Sieger, den König, den Mensch gewordenen Gott.
Christus gebührt Ehrfurcht und Anbetung. Wie weit diese Verehrung geht, bezeugt ein Mosaik in der Hagia Sophia in Konstantinopel, wo selbst der Kaiser – es ist Leon VI. – sich vor dem thronenden Christus in den Staub wirft.
Gefürchtete Richter
Im hohen Mittelalter beherrscht das Bild des Pantokrators von der Apsis her den ganzen Kirchenraum. Es ist eine Halbfigur Christi in strenger Frontalität. Er hält in der einen Hand das Buch (die Heilige Schrift), mit der anderen segnet er. Der Gesichtsausdruck ist ernst: Der Pantokrator, zu deutsch der Allherrscher, ist zugleich der gefürchtete Richter. Seine Gestalt tritt aus dem Goldglanz des Hintergrundes hervor, der ein Sinnbild der Ewigkeit ist. Unter dem segnenden Pantokrator ist häufig die Mutter Gottes als Fürbitterin in Gebetshaltung dargestellt. Sie ist viel kleiner, doch wird sie oft von begleitenden Engeln verehrt.
Nicht von Menschenhand
Aus dem Mittelalter stammt auch das Mandylion, das Tuchbild. Es galt als „nicht von Menschenhand geschaffenes Bild“, als Ausdruck des Antlitzes Christi, das dem Fürsten Abgar von Edessa zugesandt wurde, um ihn zu heilen. Später kam das viel verehrte Bild nach Konstantinopel, ging aber bei der Eroberung der Stadt durch die Kreuzfahrer 1204 verloren. Doch gibt es viele Kopien. Das Antlitz Christi ist frontal gezeigt, ohne Ansatz des Halses oder der Schultern. Es tritt aus dem Goldgrund hervor, scheint auf den Betrachter zuzukommen.
Ikone: verehrt wie die Bibel
Das Mandylion bezeichnet den Anfang der Ikonenmalerei der Ostkirche. Die Ikone ist ein Kultbild. Sie ist voll in die Liturgie integriert. Die Bilder werden geküsst, man verehrt sie mit Weihrauch und Kerzen. Sie haben ihren festen Platz im Raum; die Bilderwand der Ikonostase zeigt einen ganzen Kosmos von Bildern. Die Ikonen stellen eine vollendete jenseitige Welt vor Augen. Es ist eine Welt reiner Schönheit, die Spannungen und Leiden dieser Zeit haben darin ebenso wenig ihren Platz wie das Hässliche. Sie sind eine Offenbarung der Ewigkeit in der Zeit. Darum haben sie sakramentalen Rang und werden verehrt wie die Bibel.
Fortsetzung in Nr. 48, Teil 3: Spätmittelalter – Jesus, der Leidende
Jesus-Bilder
In der KIZ-Serie „Jesus, wie hat man dich gesehen?“ lädt DDr. Günter Rombold (Bild), emeritierter Uni-Professor für Philosophie und Kunstwissenschaft an der Kath.-Theol. Privatuniversität, zu einen Gang durch die Geschichte der Jesus-Bilder ein. Teil 2: Früh- und Hochmittelalter. Die Serie endet in der Weihnachtsnummer.