Auf die Frage nach einem Ort gibt es oft viele Wegbeschreibungen. Auch dissonante. Ein Unter Uns von KirchenZeitungs-Redakteur Ernst Gansinger.
Ausgabe: 2016/19
11.05.2016 - Ernst Gansinger
Sonntag gegen Mittag in einem endlich sonnig erwärmten Linzer Gastgarten. Zwei Frauen treten vor den Stammtisch. „Wie kommen wir nach Maria Taferl?“ – „Oh Gott, da sind S' ganz falsch“, ist die erste Auskunft des Männerchores. Noch singt er einstimmig. Dann ein kurzes Solo der Bassstimme: „Am besten, Sie fahren bei der Ampel vorne rechts, dann auf die Autobahn. Dann ...“ – „Dann kann nichts mehr schief gehen“, wollte er sagen, aber eine der Frauen wendet ein: „Wir haben kein Autobahnpickerl.“ – „Na, dann wird‘s kompliziert“, ist die letzte Harmonie der Männer, die dissonant weitersingen im Versuch, einen Weg aus dem städtischen Irrgarten zu beschreiben. „Da fahren S' ...“, sagt einer, schon wendet ein Zweiter ein, dass es auf ganz anderem Weg, nämlich „dort vorne links, nach 300 Metern wieder links, geradeaus und dann §$%&??yx! ...“ viel einfacher sei. Ein Dritter hat eine noch bessere Idee. Die Männer debattieren, wer den besten Weg weiß. Jeder stellt ein anderes Richtungstaferl nach Maria Taferl auf. Waren die Frauen Fragende, sind sie jetzt Ratlose. – Es ist nicht ratsam, sich mit einer Frage an mehrere zu wenden! Aber Maria muss von Maria Taferl aus gewirkt haben: Einer aus dem Männerchor sagt: „Ich fahr' Ihnen den Weg aus Linz hinaus vor!“ – Der dissonante Chor verstummt in Harmonie.