Maria Hauser war Kindergärtnerin im Hausruck-Kohlerevier Holzleithen
Ausgabe: 2005/25, Hauser, Kindergärtnerin, Hausruckedt, Holzleithen, Bad Leonfelden
22.06.2005 - Ernst Gansinger
Als Tochter „dunkelschwarzer Eltern“ kam die junge Kindergärtnerin Maria Hauser 1952 ins „rote“ Kohlerevier nach Hausruckedt, Holzleithen.
Das Leben in der Region war karg und belastet mit der Erinnerung an die noch schlimmere Not in den Dreißiger Jahren. 1933 wurden 198 Bergarbeiter entlassen, 1934 der Aufstand der Arbeiter brutal niedergeschlagen. Alleine Holzleithen beklagte damals sechzehn Tote (zehn Schutzbündler, fünf Exekutivbeamte und eine Frau).
Wache Erinnerung
Die Erinnerung an den erfolglosen Kampf um einen gerechten Lohn für die Schinderei im Bergbau, an Arbeitslosigkeit, standrechtliche Erschießungen Wehrloser und daran, wie die Ausgesteuerten „verlorene“ Kohle aufsammelten, war wach. Die Eltern der Kinder, die Maria Hauser in Holzleithen betreute, waren die Kinder der Bergleute von damals, 1934. Sie erinnerten sich noch gut an die einzigen, die geholfen haben – die Grünerleute. Es waren Juden, die ein Kaufhaus führten. Sie ließen die Frauen, die kein Geld hatten, „aufschreiben“ und wussten, dass sie das Geld nie sehen würden. Sie gaben Kindern der arbeitslosen Bergleute kostenlos eine Suppe. Später kamen die Grüner im KZ um ...
Predigt am Leben vorbei
Maria Hauser, die nach der Pensionierung zu schreiben begann und demnächst das elfte Buch im Verlag Steinmaßl veröffentlicht, erzählt ihre Kohlerevier-Erlebnisse im Buch „Nur eine kleine Weile“ (1997). Sie schildert auch, wie der Ortspfarrer am Leben der Bergleute vorbei predigte. Er sprach von Sonntagspflicht und sah nicht, dass die Kinder nichts Ordentliches anzuziehen hatten. Er nannte das Auflehnen gegen die Obrigkeit eine Sünde wider die Ordnung Gottes ... Der Pfarrer, der nach dem Krieg kam, war in Ordnung, „aber die Leute haben nicht vergessen, was früher war.“
Ziegel schupfen
Maria Hauser, 1931 in Bad Leonfelden geboren, hat selbst das karge Leben der Nachkriegsjahre erfahren. Im Herbst 1945 kam sie in die Raimundschule nach Linz. Die Schule war „kriegsversehrt“. So mussten die Schüler zunächst Ziegel schupfen, um das Gebäude bezugbar zu machen. Die Schulküche war zerbombt, der Turnsaal kaputt und überall war Mauerwerk abgeschlagen.
Zäher Weg in die Zukunft
Die Zukunft schimmert in diesen Jahren keineswegs rosig durch. Im Kohlerevier lernt Frau Hauser ihren Mann Hans kennen, einen „volksdeutschen“ Kriegsflüchtling aus Kroatien. Auch für dessen Mutter muss das Paar sorgen. Die Hälfte des Einkommens, das Maria Hauser als Kindergärtnerin verdient, erhält die Schwiegermutter. Ihr Mann ist von Partisanen ermordet worden, weshalb es keine offizielle Bestätigung für seinen Tod gibt. Die Schwiegermutter wehrt sich vehement dagegen, ihren Mann für tot erklären zu lassen, denn das käme ihr wie Untreue vor. Als die Lage für die junge Familie immer schwieriger wird, Maria Hauser zum dritten Kind schwanger ist und ziemlich kraftlos, lässt die Schwiegermutter endlich ihren Mann für tot erklären. Der Weg zu einer eigenen Rente ist nun frei.
Unter Tag
Das Leben verläuft arbeitsreich und mühsam. Die Bergleute sehen im Winter monatelang kaum einmal die Sonne. In der Früh fahren sie in den Stollen ein und kommen am Abend heraus. Die Hausers müssen wie alle anderen auch, für kleine Einrichtungswünsche lange sparen oder Raten zahlen. Ein Fahrrad, ein Radio. Ein Schlafzimmer aus Eiche! Siebentausend Schilling kostet es. Die Wochenarbeitszeit beträgt 48 Stunden. Und zu Hause ist auch viel zu tun. So müssen täglich Windeln gewaschen werden. Die Zeit der Einweg-Windeln ist noch fern. Werkswohnung und Deputatskohle sind gratis. Das bisschen Strom – eine einzige Glühbirne braucht ihn – genauso. „So hat sich’s hausen lassen!“
Aufbruch nach Linz
Hans Hauser entkommt knapp einem Stollenunfall. An vorderster Stelle hilft er mit, mit einer am Bauch liegenden Menschenkette den verunglückten Kameraden aus dem Stollen zu ziehen. Nach diesem Unfall drängt seine Frau Maria, eine Arbeit bei der VOEST in Linz anzunehmen. Die Hausers wohnen zunächst auf kleinstem Raum im 42er Lager. Sie schließen sich auch der VOEST-Betriebsseelsorge an, mit der Pfarrer Holzmann begonnen hat.