„Es wurlt über viele Jahrzehnte.“ – Mit diesen Worten über den Umgang mit der NS-Geschichte unseres Landes mahnte der Autor Dr. Ludwig Laher ein Erinnern für die Zukunft ein. Er war Festvortragender bei der sehr gut besuchten Jubiläumsveranstaltung zum Gedenkjahr in Ried im Innkreis.
Es wurlt weiter und nichts verheilt, wird nicht durch Erinnern der Heilungsprozess eingeleitet. Laher würdigte das Beispiel positiven Umgangs mit der Geschichte durch die Rieder Politiker/innen. Sie haben eine Straße nach Dr. Josef Neuwirth benannt, der als Staatsanwalt und NSDAP-Mitglied mutigen Einsatz zeigte, weil er ab 1940 gegen verbrecherische SA-Leute des Lagers Weyer ermittelte. Bis zur Niederschlagung des Verfahrens durch Adolf Hitler setzte er sich trotz Gefahr für sein Leben für die Aufklärung von Folterfällen ein. Er wollte um keinen Preis das Recht gebeugt wissen.
Figls Tochter. Sechs Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichteten bei der Festveranstaltung im Pfarrsaal Riedberg vor allem über die Jahre 1945 bis 1955. Die Erste Präsidentin des oö. Landtages, Angela Orthner, eröffnete die Veranstaltung, die das Oö. Volksbildungswerk mit dem Bildungszentrum St. Franziskus und dem Treffpunkt der Frau organisiert hatte. Eine der Zeitzeuginnen war Dkfm. Anneliese Figl, Tochter des ehemaligen Bundeskanzlers und Staatsvertrags-Außenministers Leopold Figl. Sie berichtete, wie sie Figls berühmte Weihnachtsbotschaft 1945 erlebt hat, dass in der Bauernstube des Elternhauses Politik gemacht wurde und dass bei der Kukuruz-Wette Chruschtow-Figl beide Recht hatten ...
Nach vorne denken
Kommentar
Gedenken ist bei weitem nicht hauptsächlich ein zurück-gerichtetes Augenmerk, was die Rieder Festveranstaltung treffend im Titel „Erinnern für die Zukunft“ zum Ausdruck brachte. Denn „die Vergangenheit ist nicht tot, sie ist nicht einmal vergangen“, wie die Rieder ihre Gedenk-Reihe mit einem Ausspruch von W. Faulkner überschrieben haben. Wer so denkt, hebt das Gedenken von der Vergangenheit in die Zukunft, von der Trauer in die Hoffnung. Ein Zugang zum Gedenken, das auch für die Braunauer Zeitgeschichte-Tage gilt. Heuer richteten sie vom 23. bis 25. September den Blick auf Adel, Klerus, Bürger, Bauern 1705 – 2005. Sie zeigten auf, dass die „Kleinen“ im Ränkespiel der Macht immer die Lasten zu tragen haben.