Die europäischen Staaten haben unterschiedliche Voraussetzungen. Der „Brexit“ kann also kein Testfall für andere Länder sein. Kommentar von Heinz Niederleitner.
Ausgabe: 2016/26, Brexit, Test, EU,
28.06.2016 - Heinz Niederleitner
Die Briten verlassen nach derzeitigem Stand die EU. Es ist dabei leider müßig, das an sich richtige Argument vom Friedensprojekt Europa zu wiederholen, wenn das für viele britische Abstimmungsteilnehmer nicht ausschlaggebend war. Wir alle, nicht nur die Briten, sind so gewöhnt an den Frieden, dass wir ihn für eine Selbstverständlichkeit halten. Das ist aber sicher eine Täuschung, wie unter anderem die Kirche immer wieder erinnert.
Schauen wir uns eine andere Aussage an, die auf den Inseln mehr gezogen hat. Sie lautet offenbar: „Die Nachteile einer EU-Mitgliedschaft überwiegen die Vorteile.“ Das kennen wir auch in Österreich. Meist rechnen dann Ökonomen überzeugend vor, dass das nicht stimmt und die Staaten ohne EU-Mitgliedschaft schlechter dastünden. Doch nach Jahren der Dauerkrise (EU-Verfassung, Finanz, Griechenland, Flüchtlinge) hat sich bei vielen Briten (und nicht nur bei ihnen) Frust ausgebreitet. Nur: Dass es ihnen ohne EU besser ergangen wäre, ist damit nicht belegt.
In den kommenden Jahren wird man verfolgen, wie sich Großbritannien außerhalb der EU entwickelt. Dann aber Schlüsse auf den eigenen Staat zu ziehen, wäre zu einfach: Die Staaten haben unterschiedliche Voraussetzungen und die britische EU-Mitgliedschaft war immer schon speziell (Stichwort „Briten-Rabatt“). Der „Brexit“ kann also kein Testfall für andere Staaten sein.