Arbeiter entdeckten bei Kanalgrabungen in St. Pankraz die ältesten Zeugnisse für das Christentum in Österreich. Archäologen sprechen von einer Sensation.
Unfassbar! Bei Kanalgrabungen in St. Pankraz im Gebüsch, Pfarre Gigritzpatschen, wurde ein römisches Taufbecken aus der Zeit um 180 n. Chr. freigelegt, der bislang älteste Beleg für das Christentum in Österreich! Doch damit nicht genug. In einer Nische darunter fand man ein Buch, den so genannten „Codex Pancratianus“, der nicht nur Experten noch lange in Atem halten wird. Neben Teilen des Lukasevangeliums enthält er bisher unbekannte Reden Jesu. Man spricht bereits von einem neuen Evangelium! Wir befragten den Ausgrabungsleiter, Prof. Hugo Spechtler!
Herr Professor, kann man bei diesem Fund von einer Sensation sprechen? Spechtler: Unbedingt! Man muss den Codex Pancratianus in eine Reihe mit den Schriftrollen vom Toten Meer stellen. Wobei hier dazukommt, dass wir tatsächlich auf neue Jesusworte gestoßen sind.
Sie schlagen vor, den Text „Evangelium nach Odes“ zu nennen. Warum? Spechtler: Weil sich ein „Herr Odes aus Tiberias“ als Autor zu erkennen gibt, ein zum Christentum bekehrter Verwandter von Herrn und Frau Odes, die wir aus der Bibel kennen.
Sie meinen, dass der König Herodes . . . Spechtler: Es gab nie einen König Herodes! Schauen Sie, wir besitzen von der Bibel nur Abschriften aus viel späterer Zeit. Der Name Herodes taucht erst in der Merowingerzeit auf, in der man Könige mit „Herr“ ansprechen musste. Die altgermanische Lautabschleifung kam dazu, und aus dem König Odes wurde ein König Herodes.
Wird sich das Jesusbild durch diese neuen Texte verändern? Spechtler: Teilweise ja. Es gibt Parallelen speziell zur Bergpredigt, aber auch einen ganz eigenständigen Ton. Für genauere Aussagen ist es aber noch verfrüht.
Spechtler: Die theologische Deutung wird noch Jahre dauern, die Texte sind aber schon übersetzt. Eine Ausgabe des Odes-Evangeliums wird soeben vorbereitet.
Tannenpredigt. Prof. Spechtler hat exklusiv für unsere Leser/innen einen Abschnitt aus der so genannten „Tannenpredigt“ zum Abdruck freigegeben. Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Tannenbaum und sprach: Es steht geschrieben, von Tannen her kommen wird der Menschen Sohn, um zu trennen die Böcke von den Schafen. Ein gutes Schaf ist immer brav und schert sich nicht um das Scheren. Das Scheren ist allein Schererei des Scherers, sonst wäre das keine schöne Bescherung! Sehet die Endivien auf dem Felde. Sie sehen nicht, sie hören nicht, und doch schmecken sie so gut! Mose hat gesagt: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hausfrau. Ich aber sage euch: Wer auch nur den Ausreibfetzen der Nachbarin begehrlich ansieht, hat im Herzen schon mit ihr das Haus geputzt. Was seht ihr das Staubflankerl in der Nachbarin Haus, den Misthaufen im eigenen Haus aber seht ihr nicht? Siehe, ich bin der Weinstock, ihr aber seid die Flaschen . . .
Zur Sache: Glaube und Humor
„Erlöster müssten mir seine Jünger aussehen“, hat Friedrich Nietzsche einmal über Jesus gespottet. Zugegeben: Wir haben uns in der Geschichte oft recht schwer getan mit der Verbindung von Religion und Humor. Umberto Eco konnte mit „Der Name der Rose“ einen dicken Roman schreiben, in dem die fanatische Auffassung, Lachen sei etwas Gefährliches für die Kirche, zum Mordmotiv wurde.
Lachender Jesus. Und tatsächlich: In der Bibel wird nirgendwo ausdrücklich ein lachender Jesus erwähnt. Doch daraus zu schließen, Jesus habe nie gelacht, ist schlichtweg absurd. Jesus hat Kinder als Vorbilder hingestellt, Kinder, die nichts lieber tun, als spielen und lachen. Jesus vergleicht den Himmel mehrfach mit einem Hochzeitsfest. Und er war gerne und oft bei solchen Festen dabei. Kann da jemand wirklich glauben, Jesus sei dabei tagelang feierlich und ernst herumgestanden?
Zusammenhang. Jesus hat gerne gelebt und mit seiner Lebensfreude andere angesteckt, weil es einen inneren Zusammenhang gibt zwischen dem Vertrauen in einen guten Gott und heiterer Gelassenheit, zwischen Liebe und Humor. Wer Gott als so nahe, als so liebevoll und zugleich so mächtig erfahren hat, der wird das eitle Theater, das die Mächte dieser Welt auch heute noch so gerne aufführen, durchschauen. Er wird die Aufgeblasenen, die Weltverteiler und Besserwisser auslachen können, er wird auf Rangkämpfe und Machtansprüche pfeifen, weil er weiß, dass wir im Angesicht Gottes nichts haben und nichts wissen können. Ein Christ braucht den ganzen Hokuspokus, der inszeniert wird, um zu beweisen, dass man „jemand ist“, nicht ganz ernst nehmen. Er darf über alles lachen, auch über die Kirche und sogar über Gott. Der hält das schon aus. Damit sein Lachen nicht bösartig oder verletzend wird, soll er aber vor allem über einen lachen: über sich selbst!