Kurzfristig ist die Diözese Linz auf einem guten Weg, aber langfristig braucht es neue Rahmenbedingungen für die Pastoral – sonst droht der Zerfall der Volkskirche.
„Es gelingt uns immer weniger, sinnsuchende Menschen anzusprechen.“ Und: „Ein Riss geht durch die Kirche.“ So fasst der Leiter des Kommunikationsbüros der Diözese Linz, Ferdinand Kaineder, den Inhalt von systematisch geführten Gesprächen mit 110 Pfarrgemeinderäten und 20 Mitgliedern aus kirchlichen Ämtern und Einrichtungen zusammen. Ein Graben zwischen Kirchenvolk und Kirchenamt wird demnach gerade von kirchlich engagierten Menschen als immer breiter angesehen. Für die Mitglieder des Pastoralrates ist dies ein Alarmzeichen. Zusammen mit Bischof Ludwig Schwarz berieten sie am Freitag und Samstag der Vorwoche, wie man mit dieser Situation umgehen könnte – zum letzten Mal in der laufenden Amtsperiode, denn bereits im Frühjahr werden diese Gremien in neuer Zusammensetzung tagen.
Zuversicht trotz der Probleme. Trotzdem: Die Diözese Linz ist auf einem guten Weg, meinen die Mitglieder des Pastoralrates. Sie sind zuversichtlich, mit den vorhandenen Kräften die Pastoral in der Diözese für die nähere Zukunft sicherstellen zu können. Die neuen Leitungsmodelle in Pfarren ohne Priester am Ort, vor allem die Einführung von Seelsorgeteams, könnten dazu beitragen. Allerdings: Um die Kirche langfristig in ihrer Vitalität zu sichern, brauche es das beständige Pochen an die weltkirchlichen Instanzen. Veränderte Zulassungsbedingungen für die Weiheämter wollen die Pastoralräte immer wieder zur Sprache bringen.
Bischöfe beraten Priestermangel. Bischof Ludwig Schwarz informierte den Pastoralrat über ein ausführliches Gespräch in der Bischofskonferenz über den jüngsten Brief der Pfarre Steyr-Tabor. Im Frühjahr wollen die Bischöfe einen Studientag zu den darin aufgeworfenen Fragen – etwa Eucharistie am Sonntag, Priestermangel, Zölibatspflicht – halten und dann diese Sorgen in Rom vorbringen.
Gehorsam im Dialog. Auch der Priesterrat tagte letzte Woche in Puchberg – mit ähnlichen Themen. Der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger unterstrich die Notwendigkeit des Diskurses und Dialoges zwischen den verschiedenen Instanzen in der Kirche. Gläubige hätten das Recht und die Pflicht, ihre Anliegen in der Kirche zu sagen, unterstrich Rosenberger im Blick auf Konzilstexte. Vorgesetzte hätten die Pflicht, Eigenverantwortung anzuerkennen und zu fördern.
„Moderater Ungehorsam“ möglich. In strittigen Fragen der Pastoral könne es einen „moderaten Ungehorsam“ geben, den Bischöfe „aus Klugheit dulden könnten, wenn dadurch die Norm als Regelfall sichergestellt wird“, meint Rosenberger. Das könne seiner Ansicht nach durchaus in der Diskussion um die Predigt von Laien in der Eucharistie eine Rolle spielen, meinte er.
Zur Sache
Herberge fürFlüchtlingsfamilien
Die bevorstehende Adventzeit sollte genutzt werden, um herbergsuchenden Familien, die durch eine unzumutbar lange Dauer von Asylverfahren unter Druck geraten sind, einen dauernden Aufenthalt in Österreich zu gewähren. Der Pastoralrat der Diözese Linz richtete diesen Appell am Samstag, 17. November, an die Bundesregierung und deren Organe. So könnte der Druck, der auf Familien wie die öffentlich bekannt geworfdenen Beispiele der Familien Zogaj und Zeqaj lastet, herausgenommen werden. Der Pastoralrat schließt sich damit einem Appell der evangelischen Kirchen an. Wie diese sieht er im derzeitigen Vorgehen nicht nur einen Ausdruck von mangelnder Verantwortung, sondern auch eine menschenrechtlich äußerst bedenkliche Vorgehensweise. „Damit werden christliche Grundwerte wie Menschenwürde, Familie, Schutzgewährung und Nächstenliebe gröblich missachtet”, heißt es in der Erklärung. Der Pastoralrat fordert, die Situation von gut integrierten Familien zu lösen wie es auch das geltende Gesetz ermöglicht, indem ihnen ein humanitärer Aufenthaltstitel gewährt wird.Über die Lösung der anstehenden Fälle drängte der Pastoralrat aber auch auf ein generelles Überdenken der geltenden Fremdengesetze.