Gestopft, geflickt – und zu Neuem verwoben: Die Textilkünstlerin Christina Leitner gestaltete für Msgr. Willi Vieböck ein Messkleid aus geflickten Leinenstoffen.
Ausgabe: 2018/07
13.02.2018 - Elisabeth Leitner
Ein Anruf in der Paramentik-Werkstatt der Marienschwestern: Sr. Pauline ist am Telefon. Sie leitet die Paramentik in Linz. Ob sie sich an das Messkleid von Bischofsvikar Willi Vieböck erinnern könne? – „Ja, das war wirklich was Besonderes. Das hat uns sehr gefreut!“, erzählt sie. Sr. Pauline hat die Stoffe zusammengenäht und war für die Endfertigung verantwortlich. Das Messkleid hat die Paramentik-Werkstatt längst verlassen. Der ehemalige Direktor des Pastoralamts Willi Vieböck hat es als Abschiedsgeschenk im Herbst 2017 erhalten. Nun trägt er das Messkleid aus Leinen bei Gottesdiensten in seiner Pfarre Linz-St. Konrad. Christina Leitner, die Leiterin des Textilzentrums Haslach, hat sein Messkleid künstlerisch gestaltet.
Schwächen tragen
Ausgangspunkt war für sie folgende Bibelstelle aus dem Römerbrief: „Wir müssen als die Starken die Schwäche derer tragen, die schwach sind, und dürfen nicht für uns selbst leben. Jeder von uns soll dem Nächsten zu Gefallen leben, zum Guten und zur Auferbauung. Denn auch Christus hat nicht sich selbst zu Gefallen gelebt“ (Röm 15,2). Das Tragen der Schwächen wollte Leitner in eine textile Sprache übersetzen: Schwachstellen in einem Gewebe können gestopft und geflickt werden.
Flickwerk
Das Motiv, von dem sich Christina Leitner leiten ließ, war die Idee des „Flickwerks“. Das Messgewand für Bischofsvikar Willi Vieböck besteht aus Leinenstoffen mit geflickten Stellen, in Weiß und Natur, mit leichtem Strukturstreif, hergestellt auf einer Jacquardwebmaschine im Textilen Zentrum Haslach. Kaputtgegangenes wieder heil zu machen – diese Male des Lebens, die sich in die Kleidung einschreiben, haben für sie eine starke gestalterische Kraft. „Das heißt auch, aus wenig das Beste zu machen, die Ästhetik des Gebrauchs zu schätzen und aus der Not eine Tugend zu machen“, sagt Christina Leitner. Neben der materiellen Ebene sieht sie eine geistige Ebene: Es gehe um Wertschätzung dessen, was nicht prahlt und glänzt, um die Achtung vor dem Einfachen.
Vieböck und Leinen
Neben einer kurzen Stola mit „gestopften“ Stellen gibt es drei Stolen in den Farben Rot, Grün und Violett – entsprechend den kirchlichen Festkreisen. Sie sind am Handwebstuhl gewebt. Die liturgischen Farben schimmern in unterschiedlichen Schattierungen. Für Menschen vom Fach ist die Spitzköperbindung erkennbar. Die typische Gewebeart des Mühlviertels zeigt sich als besonders stabil und robust. Auch hier verwendete Christina Leitner mit Leinenstoff das Material der Herkunftsfamilie von Willi Vieböck. Die „Leinenweberei Vieböck“ in Helfenberg zählt in diesem Bereich zu den ältesten Unternehmen Österreichs. Seit mehr als 180 Jahren entstehen dort Leinen- und Baumwollstoffe.