„Ich muss gar nichts!“, das kann vielleicht einem Erwachsenen im Alltag gut weiterhelfen. Aber was tun, wenn der eigene Sohn das sagt? Ein Unter Uns von KiZ-Redakteurin Elisabeth Leitner.
Ausgabe: 2016/46
15.11.2016 - Elisabeth Leitner
Eine Freundin aus Schultagen erzählt mir beim herbstlichen Treffen voller Stolz, dass sie jetzt eines gelernt habe: „Ich muss gar nichts!“ Ja, das letzte Seminar habe ihr richtig gut getan, auch die Lektüre dazu habe ihr sehr weitergeholfen. Sie lächelt befreit, atmet tief durch. Ich beglückwünschte sie zu dieser Erkenntnis. Seit ich sie kenne, ist Sandra eine Getriebene: Sie hechtet von einer Fortbildung zur nächsten – und fliegt dafür um die ganze Welt. Das brachte ihr viel Wissen, aber auch ständigen Zeitdruck und wenig Möglichkeiten, zur Ruhe zu kommen, um darauf zu schauen, was sie wirklich braucht. Jetzt steht sie morgens mit dem magischen Satz auf: „Ich muss gar nichts!“, bevor sie sich unüberlegt in weitere Unternehmungen stürzt.
Ich befürchte, mein kleiner Sohn hat dieses Seminar ebenfalls besucht. Neuerdings steht auch er in der Früh auf und sagt mit großer Bestimmtheit: „Ich muss gar nichts!“ Ja, und Sie werden mich verstehen, ich finde das gar nicht so lustig. Anziehen, frühstücken, in den Kindergarten gehen oder mal zusammenräumen? „Ich muss gar nichts“, ist die Antwort darauf. Also, entweder er gewöhnt sich das wieder ab oder ich besuche auch dieses Seminar. Ich muss!