Doris Jagersberger und KindergärtnerinMonika mit Thomas, Philipp und Flora im Turnsaal des Pfarrcaritas-Kindergartens St. Marien.
Bravo, super! – Doris Jagersberger lobt Thomas, Flora und Philipp im Kindergarten St. Marien. Sie haben eine Übung, die Bär Bärenstark auf einer Spielkarte vorgezeigt hat, mit Bravour selbst bewältigt. – Doris Jagersberger ist Fachberaterin für Integration der Caritas für Kinder und Jugendliche. Sie ist derzeit, weil sie auch noch eine Karenzvertretung übernommen hat, für etwa 60 Integrationskinder zuständig und unterstützt deren Kindergärtnerinnen und Kindergartenerhalter.
Dieser Tag beginnt für Jagersberger frühmorgens in Bad Hall. Dort führt sie mit dem Kindergartenerhalter Pater Johannes und der Leiterin Erika Lehermayer ein „Integrationsgespräch“. Ein Bub mit Entwicklungsrückstand wird ab 1. Februar als Integrationskind aufgenommen. Da gibt es viele Fragen. Auch müssen die Stunden der Stützkraft aufgestockt werden. Das Land OÖ übernimmt die Kosten. Im siebengruppigen Bad Haller Pfarrcaritas-Kindergarten werden ab Februar vier Integrationskinder sein.
20 Fachberaterinnen. Die zweite Station ist St. Marien. Dort arbeitet Doris Jagersberger mit dem Integrationskind Thomas. Auf diese Art bekommt die Stützkraft Anregungen für ihre Aufgaben. Beraten, begleiten, unterstützen – die 20 Fachberaterinnen der Caritas sorgen im Auftrag des Landes Oberösterreich für eine gute Integration in Kindergärten, Krabbelstuben und Horten im ganzen Land mit Ausnahme der Einrichtungen in den Magistratsstädten Linz, Wels und Steyr. In den zwölf Jahren, seit es die Fachberatungsstelle der Caritas gibt, wurden mehr als 11.560 Kinder mit Beeinträchtigungen integrativ betreut. Im heurigen Kindergartenjahr 2009/2010 waren es bisher etwa 900 Kinder in 215 Kindergärten und Horten.
Integration ist ein junges Kapitel. Christa Zauner, Leiterin des Caritas-Bereiches Fachberatung für Integration, schildert am Beispiel ihrer persönlichen Geschichte als Kindergärtnerin, wie sehr sich die Einstellungen zur Integration geändert haben. Als junge Kindergärtnerin hatte sie noch 1980 ein Kind mit Downsyndrom nicht im Kindergarten aufgenommen. Die Pädagogik damals war nicht vorbereitet darauf, wie man Kinder mit Beeinträchtigungen integriert. Die Mutter konnte die Abweisung nicht verstehen. Christa Zauner ließ es keine Ruhe: „Das passiert mir nicht wieder“, dachte sie und begann, sich in Sachen Integration weiterzubilden.
Mitreißende Gemeinschaft. „Da gibt’s eine schwierige Sache. Da müssen wir jetzt zusammenhelfen“, motiviert Doris Jagersberger Thomas, Flora und Philipp, sich der Herausforderung des Spiels mit „Bärenstark“ und „Mäuseschlau“ zu stellen. Dieser Motivations-Satz könnte auch Programm für die Integration sein. Sie ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Es ist aber nicht immer einfach, Kinder mit ausgeprägtem Entwicklungsrückstand oder Beeinträchtigungen und eventuell gefährdenden Verhaltensweisen in einer Gruppe zu integrieren. Stützkräfte sollen diese Integration in Kindergärten sicherstellen. Es braucht eine intensive Zusammenarbeit von Eltern, Pädagoginnen und Kindergartenerhaltern gemeinsam mit der Fachberatung, damit Integration gelingen kann. So kann auch ein weiteres Geschehen in der Stunde mit Doris Jagersberger in St. Marien Programm sein: Thomas meint zunächst, er könne eine Übung nicht. Die anderen Kinder aber machen sie mit Begeisterung. Dieses Vormachen, das Erleben, dass es geht, und der wohlwollende Zuspruch der Kindergärtnerinnen reißen Thomas mit. Er probiert es – und schafft es!
Integration
Geschichte. Schon 1988 startete die Caritas in der Abteilung Heilpädagogik das Projekt „Betreuung und Begleitung von beeinträchtigten Kindern“ in Pfarrcaritas-Kindergärten. 1995 übernahm das Land OÖ die Finanzierung des Angebots. Seit 2007, als das neue Kinderbetreuungsgesetz in Kraft getreten ist, ist die Integration von Kindern in Krabbelstuben, Kindergärten und Horten gesetzlich verankert. Die Fachberatung gibt es flächendeckend im ganzen Bundesland.
Nachahmung. „Wir schauen uns sehr viel von anderen ab, das ist aktueller Stand der Hirnforschung“, sagt Christa Zauner. Sind Kinder nur unter ihresgleichen, ist ihre Möglichkeit, sich etwas abzuschauen, geringer. Das spricht für Integration, für ein buntes Voneinander-Abschauen-Können. Es gibt ängstliche Eltern – was sich ihr Kind alles abschauen könnte! – „Man muss mit den Eltern reden“, sagt Zauner und gibt zu bedenken: „Nachahmen ist noch nichts Schlechtes – es zeigt: Ich kann mich in jemanden hineinfühlen.“
Aggression. Ein Problem sind aggressive Kinder. Die Aggressionsauslebung nimmt besonders in den Horten zu. Es fehlen erziehende Eltern. Die Pädagoginnen sind gefordert. Sie müssen auch die anderen Kinder schützen. Andererseits funktioniert Erziehung nicht, wenn sich das Kind nicht auch auf die Füße stellt. Kinder mit Verhaltensauffälligkeit haben allerdings keinen Integrationsstatus. Doch: „Sinnes-, körperlich und geistig beeinträchtigte Kinder sind leichter zu integrieren als verhaltensauffällige. Genau da aber steigt der Gesetzgeber aus.“
Weitere Infos finden sie auf www.integrationsberatung.at