Patchwork klingt zunächst nach lustiger Flickendecke. Als Form des Zusammenlebens hält die bunt gewürfelte Lebensgemeinschaft aber Zündstoff bereit und entwickelt sich nicht selten zum heiklen Balanceakt für alle Beteiligten.
Jeder wünscht sich natürlich von Anfang an eine möglichst perfekte und normale Familie. In der Regel dauert es zwischen vier und sieben Jahren, bis die zusammengewürfelten Familienmitglieder zu einer tragfähigen Patchworkfamilie zusammen gewachsen sind. Wer vorschnell auf Normalität und Harmonie drängt, überfordert damit nicht nur den Partner und die Kinder, sondern meist auch sich selbst.
Die Kinder
Die Eltern sollten mit den Kindern reden und ihnen vermitteln, dass sie zu ihrer neuen Situation stehen und die Kinder trotz der Trennung weiter unterstützen werden. Für die Kinder ist es wichtig, dass die Eltern und Stiefeltern ihnen Zeit lassen und tolerant gegenüber ihrer oft ablehnenden Haltung sind. Dazu kommt, dass das Kind an Verhalten und Erziehungsrichtlinien des leiblichen Elternteils gewöhnt ist. Es weiß genau, wer was von ihm erwartet, was es bei wem machen darf und was nicht. Plötzlich aber wird zuvor Erlaubtes nicht mehr toleriert oder es dürfen Dinge gemacht werden, die stets verboten waren. Dies führt zu Verunsicherung. Die Widerstände gegen den Stiefelternteil sind besonders groß, wenn er/sie sich zu stark und zu schnell einmischt und sofortige Liebe und die Anerkennung seiner/ihrer Autorität erwartet. Die Kinder akzeptieren seine/ihre Erziehungsmaßnahmen in der Regel erst, wenn sie eine tiefere Beziehung zu ihm/ihr entwickelt haben – und das kann durchaus dauern. Aber auch dann kann es zu großen Loyalitätskonflikten kommen, insbesondere wenn der/die Stiefpartner/in besonders liebevoll ist. Positiv ist, wenn den Kindern vom außenstehenden Elternteil explizit erlaubt wird, eine Beziehung zu dem/der Stiefpartner/in zu entwickeln. Treten neue Geschwister hinzu, kann sich durch die Stieffamiliengründung die Position in der Geschwisterreihe ebenso wie die Geschlechterposition ändern, z. B.: das jüngste Kind aus einer der beiden Teilfamilien wird das mittlere Kind und verliert dadurch die in vielen Situationen vorteilhafte „Nesthäkchen-Position“. Diese neue Rollenverteilung kann für das Kind die Aufgabe von Privilegien und die Übernahme neuer Verantwortlichkeiten zur Folge haben. Der positive Aspekt ist, dass Kinder Spielkamerad/innen oder eine Vertrauensperson zusätzlich bekommen. Sind mehrere Kinder in einer Familie, gelingt es ihnen leichter, ihre Interessen gegenüber den Erwachsenen durchzusetzen.
Leibliche und Stiefeltern
Untersuchungen zeigen ganz klar: Je näher das Verhältnis des Kindes zum/zur getrennt lebenden leiblichen Vater/Mutter ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind auch eine gute Beziehung zum/zur Stiefvater/Stiefmutter aufnimmt. Ist die Beziehung zu allen Seiten in Ordnung und sind die Positionen und Haltungen klar, nämlich dass der Papa der Papa und der Stiefvater der Stiefvater ist, dann ist auch für das Kind meist alles okay.
Sozial kompetenter
Auch wenn Stieffamilien enormen Belastungen ausgesetzt sind, bergen diese Familienkonstellationen auch eine Menge Chancen. Patchworkkinder sind im Umgang mit anderen Menschen wesentlich kompetenter. Sie haben gelernt, Bedürfnisse anderer Menschen wahrzunehmen, sie erleben tagtäglich, wie wichtig es ist, Lösungen zu suchen, und sie gehen selbstverständlicher mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen um.
Zur Sache
Keine Patentrezepte
Es ist völlig normal, Fehler zu machen und nicht so zu reagieren, wie man eigentlich sollte. Eine gute Basis ist dann vorhanden, wenn die Beziehung der Erwachsenen stabil und harmonisch ist und jeder versucht, so viel Verständnis wie möglich für den anderen aufzubringen.
Einander Zeit geben
Die erste Herausforderung besteht darin, das gemeinsame Leben aufzubauen. Am besten ist es, den neuen Partner und gegebenenfalls seine Kinder, langsam in die Familie einzuführen. Gemeinsame Ausflüge, Spieleabende, Kinobesuche, etc. fördern das Kennen lernen. Das Zusammenziehen ist dann keine Überraschung mehr.
Keine Ersatzelternschaft
Kinder, die eine Trennung durchmachen, trauern und brauchen diese Trauerphase. Wenn da ein neuer Partner auftaucht, entstehen Konflikte und das Kind projiziert seine Wut oft auf diesen Menschen. Eine Freundschaft mit dem Kind muss sehr behutsam aufgebaut werden, ohne es zu überfordern oder sich als neue Autorität aufzuspielen. Damit wird eine Mauer aufgebaut.
Qualitätszeit
Wenn der neue Partner selbst ein Kind oder mehrere Kinder in die Beziehung mitbringt, sind die Kinder in einer schwierigen Situation. Speziell für Einzelkinder ist es nicht so einfach, auf einmal die Liebe der Mutter teilen zu müssen. Hier ist es besonders wichtig, dass jeder mit seinen eigenen Kindern Qualitätszeit verbringt.
Einheitliche Regeln
Jeder hat seinen eigenen Stil in der Erziehung. Werden diese Stile nun in einer Familie vereint, sollte es einheitliche Regeln geben. Sonst kann es ziemlich verwirrend für die Kinder werden. Welchen Stellenwert hat Pünktlichkeit? Welchen Höflichkeit? Und wie sieht es aus mit Ordnung und Mithilfe im Haushalt?
Beratung
Mag. Magda Pirker Landesleiterin Rainbows Caritas Eisenstadt beratung@kirchenzeitung.at Bei Fragen und Problemen wenden Sie sich an: Beziehung Leben, Partner-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz, Tel. 0732/77 36 76.
Patchwork und Erstkommunion: Gemeinsam Erstkommunion feiern