KOMMENTAR_
Unser Zaun vor dem Haus musste erneuert werden. Der alte Holzzaun hatte sich heimlich von innen her aufgelöst. Nur die Nägel und Schrauben haben ihm noch etwas Haltung verliehen. Nun war der alte Zaun abgebaut, aber der neue noch in Arbeit. Der Raum zwischen Haus und Straße war grenzenlos. In dieser Lücke stand abends plötzlich eine Frau. Mit Fahrrad und Helm. Ihr Gesicht wirkte müde, sie war verschwitzt, aber die Augen hinter den Brillengläsern schauten uns neugierig an.
Wir boten ihr etwas zu trinken an und sie uns eine gute Geschichte. Sie sei aus Tschechien und mit dem Rad unterwegs nach Italien. Ihre Familie wüsste nichts von ihrem Ausflug. In einer Woche wollte sie wieder zu Hause sein. Schlafen würde sie in den Wäldern. Und ob sie die Schokolade haben könnte, die sie während ihres unaufhörlichen Redeflusses auf dem Gartentisch entdeckt hatte. Sie sei süchtig nach Abenteuern, sagte sie noch, stieg aufs Rad und strampelte davon.
Der neue Zaun steht mittlerweile. Die Tür zur Straße ist meist offen. Ich wüsste gern, ob die Frau gefunden hat, was sie suchte.
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