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Andreas Peterl: Sind Sie als Domkapellmeister schon in Ihrer neuen Funktion angekommen?
Andreas Peterl: Ich fühle mich gut angekommen. Wenn ich am Sonntag in diesem wunderbaren Raum musiziere, denk ich mir jedes Mal: Es ist klasse, das zu machen! Ich habe im September 2022 begonnen und nun programmatisch fast ein Jahr durch. Wir sind unter laufendem Betrieb neu ins Haus Baumbachstraße 3 eingezogen und haben hier eine Bürogemeinschaft mit der Caritas/Carla.
Das Notenarchiv muss erst neu sortiert werden: Wir haben circa 2000 Werke im praktischen Gebrauch. Die historisch wertvollen Objekte wie etwa das Autograph von Bruckners e-Moll-Messe werden seit langem im Diözesanarchiv sicher verwahrt.
Zur Dommusik gehört auch der Domchor. Wie hat sich der Wechsel des Domkapellmeisters von Habringer zu Peterl auf den Chor ausgewirkt?
Andreas Peterl: Ich bin sehr froh, dass so viele wieder gekommen sind. So sind uns in diesem Jahr schon viele schöne Gottesdienste gelungen. Wir freuen uns auch über neue Chorsängerinnen und -sänger, die im Domchor mitsingen möchten.
Grundsätzlich braucht es für das Singen in der Dommusik die Bereitschaft, sich auf die Liturgie und die spannende, schöne Musik in der vielleicht schönsten Kathedrale Österreichs einzulassen. Auch im Vokalensemble gibt es neue Gesichter. Eine erste Neuerung ist die Gründung eines Frauen-Ensembles, das auch bei der Langen Nacht zu hören sein wird.
Worauf legen Sie besonderen Wert?
Peterl: Wichtig ist für mich eine gute und reibungslose Zusammenarbeit im Team und mit allen Verantwortlichen des Doms. Neu für die Dommusik ist auch, dass wir dem Domkapitel zugeordnet sind (früher Pastoralamt). Wir erleben hier sehr viel Unterstützung und Wertschätzung für unsere Arbeit, auch durch unseren Bischof, dem Musik viel bedeutet.
Welche neuen Schwerpunkte sind geplant?
Peterl: Wir wollen verstärkt das generationenspezifische Musizieren in den Blick nehmen und dazu werden wir im Herbst einen Kinderchor gründen. Generell möchten wir mehr den Schwerpunkt auf Musik unserer Zeit legen.
Zudem wollen wir die Rudigierorgel und die Vokalmusik noch mehr miteinander verschränken. Der Domchor, das Vokalensemble und die Rudigierorgel bilden die beiden Lungenflügel der Dommusik.
Kreuzhuber: Der Begriff Dommusik existierte in den vergangenen Jahren schon auf Flyern und Plakaten.
Was jetzt neu ist, ist die innere Verdichtung der Dommusik, die sich jetzt als Ganzes versteht und nicht in Chor und Orgel getrennt ist. Wichtig ist, dass die Dommusik auf vielen Pfeilern mit der Liturgie als ihrem Mittelpunkt steht.
Apropos Liturgie: Musik ist nicht Beiwerk, Behübschung, sondern Teil der Liturgie. Wie geht die Dommusik hier heran?
Kreuzhuber: Kirchenmusik ist Teil der Verkündigung, auch in der Probenarbeit. Ein „et resurrexit“ hat bei uns in der Kirchenmusik nicht bloß eine musikalische, sondern noch eine zusätzliche, verkündende Bedeutung. Es kann sehr spannend sein, Teil des Heiligen Spiels zu sein und sich darauf einzulassen. Wir nehmen Kirchenmusik sehr ernst.
Musik ist in der Liturgie nicht ein Beiwerk, denn hier wird musikalisch verdichtet, was im Besonderen am Sonntag passiert. Musik und Liturgie, das ist ein Miteinander, ein Gesamtkunstwerk.
Ich improvisiere sehr gerne zu den Perikopen. Wenn nun die Texte ebenfalls in der Predigt ausgedeutet werden, verdichtet sich dadurch die Liturgie enorm. Dass wir hier in einer Bischofskirche auch das Bischofsamt in besonderer Weise gestalten, gehört zu unseren vornehmlichen Aufgaben.
Kommendes Jahr wird der 200. Geburtstag von Anton Bruckner gefeiert. Das Land Oberösterreich hat viel vor mit dem großen Komponisten aus Ansfelden. Gibt es in der Diözese Linz oder von der Dommusik bereits Projekte für das Bruckner-Jahr?
Peterl: Bruckner wird bei uns immer wieder eine besondere Rolle spielen, vor allem auch in den Gottesdiensten. Für uns am Dom ist es mit der Domweihe vor 100 Jahren gleich ein doppeltes Jubiläum.
Herr Kreuzhuber, Sie sind der fünfte Nachfolger Bruckners als Domorganist. Was bedeutet Bruckner für Sie?
Kreuzhuber: Grundsätzlich muss man vorsichtig sein mit der Verknüpfung von Mensch und Werk. Das gilt für viele Künstlerinnen und Künstler – und auch für Anton Bruckner. Auch Bruckner musste zunächst einen steinigen Weg gehen, ehe er in der Spätphase seines Wirkens als Linzer Domorganist zu jenem Bruckner wurde, den wir so sehr schätzen. Sein Werk ist an Emotionalität und Intensität kaum zu überbieten. Mich wundert nicht, dass er in seiner Zeit nicht verstanden wurde: Er hat mit seiner Musik neue Klänge und Räume geschaffen. Wenn man auf die Kirchenmusik blickt, muss man sagen: Er war ein musikalischer Exeget wie kein Zweiter. Unglaublich, wie er Tod und Auferstehung komponiert hat! Von ihm gibt es die ‚längste‘ komponierte Auferstehung. Unvergleichlich ist sein ‚Locus iste‘, das er für den Mariendom geschrieben hat.
Herr Peterl, seine Chorwerke sind unvergleichlich. Was bedeutet Bruckner für Sie als Domkapellmeister und Chorleiter?
Peterl: Mich faszinieren seine Werke in der Königsdisziplin „a cappella“ am meisten. Dabei schenkt er den ausführenden Sängerinnen und Sängern nichts. Man kann diese dichte, zu Klang gewordene Exegese nur mit 100 Prozent singen. Es geht um alles oder nichts, jede und jeder muss mitmachen und auf dem Punkt sein. Bruckners Musik ist an Intensität kaum zu überbieten.
Andreas Peterl
Domkapellmeister
Peterl wurde 1976 in Feldkirch in Vorarlberg geboren. Seinen ersten Orgelunterricht erhielt er bei Bernhard Loss und Renate Sperger. Er studierte Geschichte an der Universität Wien und Katholische Kirchenmusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien mit den Schwerpunkten Chorleitung und Gregorianik. Er absolvierte ein ao. Orgelstudium an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. Seit 2014 war Peterl als Kirchenmusikreferent der Diözese Linz tätig, seit 1. September 2022 ist er Domkapellmeister.
Wolfgang Kreuzhuber
Domorganist
Kreuzhuber ist seit 1982 Linzer Domorganist. Er studierte nach dem Besuch des Brucknerkonservatoriums Linz (Orgel bei August Humer) an der Musikhochschule in Wien. Kreuzhubers Liebe gilt nicht nur dem Spielen, Improvisieren, Komponieren und Arrangieren, auch dem Forschen und Lehren widmet er sich mit großer Leidenschaft. Von 1982 bis 2022 leitete er das Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz.
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