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Harfenistin, Komponistin und bildende Künstlerin – Martina Stock ist als Multitalent vielseitig kreativ tätig und international erfolgreich. Vom 22. August bis 12. September zeigt sie in der Salzburger Kollegienkirche ihre neuesten Werke, untermalt mit einer eigenen Harfenkomposition. Zu sehen sind in ihrer Ausstellung „100 FEMALE VOICES“ Portraits bedeutender Künstlerinnen aus 100 Jahren Salzburger Festspielgeschichte.
Sie sind nicht nur bildende Künstlerin, sondern auch Harfenistin und Komponistin. Woher kommt die Liebe zur Musik und zur Malerei?
Martina Stock: Was die Musik betrifft, so wurde ich mit sieben Jahren zunächst inspiriert von meinem damaligen Nachbarn, einem Heavy-Metal-Bassisten. Da waren eher schwere Hardrocktöne zu hören. Ich wollte wie er auf einer elektronischen Bassgitarre spielen können. Meine Mama hat damals gemeint, ob ich mir das nicht noch einmal überlegen möchte. Durch Zufall lauschte ich dann bei einem Konzert in meinem Heimatort Bischofshofen den Klängen einer Harfenspielerin. Da wusste ich sofort – das ist es. Meine Eltern ermöglichten mir daraufhin, die Harfe zu erlernen. Zeitgleich habe ich immer schon gerne gemalt und gezeichnet. Allerdings wollte ich meine Hobbies nie zum Beruf machen und Selbstständigkeit kam für mich auch nie in Frage.
Und dann kam alles ganz anders ...
Stock: Genau. Mein Leben bestand eine Weile aus meinen eigenen Kunst- und Musikprojekten mit Auftritten und zeitgleich aus Studium bzw. später meinem Beruf als Lehrerin. Das war eine dichte Phase. Als Künstlerin hatte ich aber mehr und mehr das Verlangen, mein eigenes Ding zu machen. Ein Angebot, auf China-Tour zu gehen, war eine Chance, die ich ergriff. Also kündigte ich mutig meinen sicheren Job und begab mich im wahrsten Sinne des Wortes in einen kalten reißenden Wildbach. Mit Unterströmungen. Die Anfangsjahre waren schon hart, aber ich habe diese Entscheidung nie bereut.
Wenn Sie Harfe spielen, hat man das Gefühl, Sie sind mit Ihrem Instrument im Einklang ...
Stock: Ja, es besteht eine tiefe Verbundenheit, die ich nicht erklären kann. Manche sagen, wie ich die Harfe spiele, so hätten sie es zuvor noch nie gehört und gesehen. Mit meinen Kompositionen schaffe ich immer neue Stücke. Es ist mir sehr wichtig, etwas Eigenes zu komponieren und die Harfe dementsprechend neu zu interpretieren. Für Performances und Installationen habe ich ein spezielles Lichtsystem entwickelt, wo nur die Silhouette der Harfe beleuchtet ist. Das ermöglicht mir ein Spiel im Dunkeln und es lenkt die Aufmerksamkeit der Gäste auf den Hörsinn.
Welche Motive kommen bei Ihnen auf die Leinwand?
Stock: Abgesehen vom aktuellen Festspiel-Projekt arbeite ich mit Fotomaterial, das ich sselber geschossen habe. Hauptthemen sind Stadtarchitekturen und die Natur an sich. Angeregt hat mich dazu sicher mein Geografiestudium. Der künstlerische Prozess beginnt, indem ich ein Foto auf eine 160 mal 110 cm Vorlage – ein Transparentpapier oder eine Lichtfolie – aufdrucke und in einem weiteren Schritt auf ein Sieb belichte. Danach werden die Farben mit der Rakel nach und nach aufgebracht. Diese Technik nennt sich Serigrafie.
Was kann man sich darunter vorstellen?
Stock: Es ist die künstlerische Form des Siebdrucks, ein Verfahren, das beispielsweise im Bereich der Werbung etwa für Plakate eingesetzt wird. Ich sehe mich aber nicht als Druckerin. Ich male mit der Rakel am Sieb auf Leinwand, wie andere Maler mit dem Pinsel. Bei dieser Kunstform kann ich Fotoelemente mit malerischen Strukturen optimal kombinieren. Reizvoll dabei ist, wie der sogenannte Rasterpunkt in Verbindung mit der Farbe eine schöne Flimmer- und Farbstrukturästhetik bekommt. Dazu werden Siebdruckspuren in das künstlerische Werk eingearbeitet. So entstehen mehrschichtige Bildwelten. Mit dieser Technik kann ich meine Kunst optimal umsetzen. Wie meine Kompositionen, so sind auch alle meine Bilder einzigartige Unikate.
Ihr kreatives Schaffen – was löst das in Ihnen aus?
Stock: Freude. Glück. Erfüllung. Beim Zusammenführen von Bildern und der Musik finde ich es besonders spannend, dass ich den Betrachter und den Zuhörer in diese meine Welt mitnehmen kann. Es ist ein sinnliches Erlebnis für Augen und Ohren. Musik und Bilder berühren die Seele. Alles zusammen ergibt eine Einheit, ein Gesamtwohlbefinden.
In diesen Genuss kommt man nun auch in Salzburg. Wie haben Sie die Auswahl der 100 Frauen-Portraits für Ihre aktuelle Ausstellung getroffen?
Stock: Das war ein schwieriges Unterfangen, denn es gibt natürlich viel mehr beeindruckende Festspiel-Größen, sowohl lebende als auch bereits verstorbene. Ich habe versucht, einen Überblick zu schaffen von den Anfängen 1920 bis heute. Neben etablierten Künstlerinnen war es mir ein Bedürfnis, auch die jüngere Generation mit reinzunehmen. Die Recherchearbeit war intensiv, denn das Fotomaterial aus dem Archiv der Salzburger Festspiele ist äußerst umfangreich. Aber am Ende des Tages stand eine Auswahl mit faszinierenden Persönlichkeiten.
Zu sehen sind u. a. Opernsängerin Anna Netrebko, die Regisseurin Shirin Neshat und die Geigerin Anne-Sophie Mutter. Warum ausschließlich Frauen?
Stock: Ich wollte den Fokus auf die weiblichen Akteurinnen setzen, da die Präsenz und die Relevanz der Künstlerinnen im Rahmen der Salzburger Festspiele über die letzten 100 Jahre eine ganz eigene Geschichte erzählen, die sehr prägend waren für die jeweilige Zeit. Wichtig war mir auch, neben Schauspielerinnen, Opernsängerinnen und Instrumentalistinnen auch jene Frauen darzustellen, die hinter der Bühne tätig sind wie Videoartkünstlerinnen, Komponistinnen, musikalische Leiterinnen, Bühnenbildnerinnen und Regisseurinnen.
Die Salzburger Kollegienkirche ist Ausstellungsort. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?
Stock: Es ist ein wunderschöner Raum, in dem immer wieder Kunstinstallationen stattfinden. Das bietet sich an, denn es gibt darin keine festen Kirchenbänke. Ein toller ergänzender Input für meinen künstlerischen Prozess war, auch mit dem Kirchenraum zu arbeiten. Da man nichts aufhängen darf, kam es zur Idee der freistehenden Bilder, angeordnet wie Bäume in einem Wald. Die Portraits in Edelstahlrahmen sind auf Augenhöhe und der Betrachter wird dadurch Teil dieser audiovisuellen Installation. Um die Wirkung der Motive zu unterstreichen, habe ich ein Harfenstück komponiert, das die Besucher zusätzlich mit einem besonderen Klangerlebnis durch die Ausstellung trägt. Und auch der Kontext passt: Die Kirche gegenüber dem Festspielhaus ist der ideale Ort, denn hier wurde 1922 im Rahmen der Festspiele erstmals „Das Salzburger große Welttheater“ aufgeführt, ein Schauspiel von Hugo von Hofmannsthal. Schon immer war es mein Wunsch, hier einmal meine Kunst zu präsentieren. Jetzt ist es soweit. Die Ausstellung steht und ich bin glücklich.«
- Infos: www.martinastock.at
- www.100femalevoices.com
sommerfrisch mit
Die Pongauerin Martina Stock (39) ist im salzburgerischen Kreuzberg/Bischofshofen aufgewachsen. Nachdem sie die Höhere Lehranstalt für Mode und Bekleidungstechnik in Hallein absolvierte, studierte sie u. a. an der Universität Mozarteum Grafik und Neue Medien und an der Naturwissenschaftlichen Fakultät Salzburg Geografie. Die Harfenistin, Komponistin und bildende Künstlerin im Bereich der Serigrafie ist mit ihren Projekten international bekannt. Zu sehen und zu hören war ihre Kunst u. a. in Shanghai, Peking, Berlin, Washington D.C., München, Wien und Salzburg. Martina Stock lebt und arbeitet abwechselnd in Berlin und Bischofshofen.
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