Wenn Religion und Satire aufeinandertreffen, ist die Aufregung vorprogrammiert. Die 2002 erschienenen Jesus-Karikaturen von Gerhard Haderer führten in Griechenland sogar zu einem Gerichtsprozess. In einer ganz anderen, unfassbar gewalttätigen Dimension war die Reaktion bei den Mohammedkarikaturen des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo. Der Terroranschlag auf die Redaktion in Paris forderte im Jahr 2015 insgesamt zwölf Todesopfer. Der Prozess im Dezember 2020 gegen die Attentäter war der Anlass, dass Schüler/innen der 7. Klassen des Gymnasiums Bad Ischl das Thema im Fach Bildnerische Erziehung näher beleuchteten. Der Projekttitel: „Das Kreuz mit der Religion. Wenn Bilder gefährlich werden.“ Es ist eine fundierte Arbeit in Form einer Flugschrift, die sich insgesamt doch recht deutlich bei allem Respekt vor dem Glauben für die künstlerische Freiheit ausspricht. Jede/r solle sagen können, wenn sie oder er Probleme mit einem Kunstwerk habe. Gewalttätige Reaktionen könnten aber natürlich durch nichts gerechtfertigt werden, meint Brigitte Hager, Lehrerin für Bildnerische Erziehung und Fotografie am Gymnasium Bad Ischl. Außerdem dürfe die Kunst nicht von vornherein durch Zensur eingeschränkt werden.
Dass das nicht heißt, dass bei Karikaturen prinzipiell alles erlaubt ist, meint Michael Tatar, Schüler der 7. Klasse. Er bezweifelt aber, ob es dafür eigene Regeln für die Religion brauche. „Es ist schwierig, beim Blasphemieparagraphen eine objektive Entscheidung zu treffen“, betont er. Meistens seien die Karikaturen nicht gotteslästerlich, sondern würden eine kritische Botschaft vermitteln. Michael Tatar: „Es genügen die Gesetze, dass die Menschenwürde nicht verletzt werden darf, hier kann man die Grenzen besser ziehen.“
„Meinungsfreiheit ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft“, sagt Michaels Klassenkollegin Anna Baier im Gespräch mit der KirchenZeitung. Künstler/innen treibe mehr das Streben nach Wahrheit als die Provokation an, ist sie sich sicher. „Es gibt immer zwei Seiten der Geschichte und mehrere Perspektiven“, spricht sie sich für eine Differenzierung in Konflikten um Kunstwerke aus. Für sie steht jedenfalls fest, dass Bilder für offene, reflektierte Menschen ungefährlich sind.
Ähnlich äußert sich Brigitte Hager: „Mit den Karikaturen wird Gott nicht diffamiert, sondern es wird das System dahinter kritisiert.“ Sie hat das Schülerprojekt nicht zuletzt deshalb initiiert, weil ihr die Weltoffenheit ihrer Schule wichtig ist und sie diese Haltung auch im Unterricht vermitteln will. Es geht dabei weniger um Provokation als um gelebte Freiheit der Meinung und Kunst, die anregt, aber niemals verletzen will. Dafür wählt sie gerne einmal unkonventionelle Ansätze. Bei einem von Hager begleiteten Schülerradio durften etwa „schlimme“ Schüler des Gymnasiums Bad Ischl zu Wort kommen. Doch auch im Alltag der Schule spiele die Diskussion um die Kunstfreiheit hinein: „Es gab bei uns an der Schule schon polarisierende Bilder, die wir nicht zeigen konnten“, berichtet Brigitte Hager. Mehr und mehr würden Schülerinnen und Schüler aber darin unterstützt, sich ein informiertes und reflektiertes Bild von Kunst zu machen. «
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