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„Etwa zwei Drittel der rund 2.000 Chat-Kontakte in dieser Zeit waren mit 15- bis 30-Jährigen. Und es hat sich schnell alles um Corona gedreht“, berichtet Doris Bauer, Koordinatorin der Chatberatung der TelefonSeelsorge. Rückblickend ist das für sie auch nicht verwunderlich, denn: „Für die meisten jungen Menschen war es die erste Krise, von der sie unmittelbar betroffen waren. Sie durften von heute auf morgen keine Freunde mehr treffen, konnten keine Feiern oder Konzerte besuchen, nicht ins Kino gehen, keine Reisen unternehmen, auch die Universitäten und Schulen waren geschlossen. Ihre Lebenswelt ist buchstäblich zusammengebrochen. Dazu kam die Angst um die Familie.“
Jungen Menschen fällt es scheinbar leichter, ihre Probleme niederzuschreiben als darüber zu reden. „Wir haben aber auch gemerkt, dass es für viele überhaupt das erste Mal war, dass sie ihre Sorgen geäußert haben. Und es war für sie schon eine Entlastung, dass wir mit Mitgefühl und Verständnis versucht haben, die Probleme gemeinsam auseinanderzusortieren und Umgangsstrategien zu entwickeln.“ Das war deshalb wichtig, so Bauer, weil durch die Krise viele in eine Art Schockstarre verfallen seien. „Nach der Chatberatung haben sie wieder einen Handlungsspielraum für sich gewonnen.“
Besonders die Frage nach dem „Wie lange wird es dauern?“ und die damit verbundene Ungewissheit über die Zukunft waren Themen der Chatberatung. „Menschen, die sich gerade mit viel Engagement selbständig gemacht hatten – wie etwa ein junger Mann aus der Kulturbranche – leiden nun an Existenzängsten. Aber auch eine junge Frau, die gerade zu einer Weltreise aufbrechen wollte, hat sich an uns gewandt. Ihre Träume sind vorerst in der Warteschleife“, erzählt Doris Bauer. In der Zwischenzeit ist allerdings die Dringlichkeit der Probleme geringer geworden. „Im Sommer konnten wir vieles nachbesprechen, teilweise dann auch am Telefon.“
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