REZEPT_
Dieser Anblick strotzt nur so vor Lebendigkeit und Kraft. Es ist nicht nur das vitale, saftige Grün der Blätter, die sich fortwährend im Wind bewegen, es ist auch die stete Veränderung, die ich dabei ganzjährig beobachten kann und die mir das Leben so deutlich vor Augen führt.
Frühling und Frühsommer scheinen eine besondere Anziehungskraft zu haben. Auch das Pfingstfest feiern wir in dieser aktiven und lebhaften Zeit. Im Gegensatz zu anderen Jahreszeiten scheint es so, als ob diese Phase nicht nur für die Natur neues Wachstum bedeutet, sondern auch in uns Menschen eine besondere Lebenskraft weckt und so manche/r neue Kraft zur Veränderung verspürt.
Veränderungen geschehen nicht nur dort, wo wir sie selbst bewirken, Umbrüche oder Prozesse in unserem Leben widerfahren uns auch. Dementsprechend sind sie uns manchmal willkommene Abwechslung, wie eine sanfte Sommerbrise an einem warmen Sommertag. Manchmal überrascht aber ein Windstoß und hinterlässt ein kleines Chaos. Oder eine Veränderung fühlt sich wie ein heftiger Sturm an, der alles wegzureißen droht. Wie ging es wohl denen, die am Pfingsttag diesen aufbrausenden Sturm hautnah miterlebten?
Thich Nhat Hanh, Zen-Meister und Achtsamkeitslehrer, weiß um die Kunst, einem Sturm standzuhalten. Er ist sich gewiss, dass dieser zwar für eine Weile bleibt, dann aber auch wieder vorübergeht. Wesentlich ist es, die Aufmerksamkeit nicht auf den Kopf zu richten, denn dieser sei mit einer wankenden Baumkrone im Wind zu vergleichen. Die Konzentration gelte dem Bauch. Dadurch wird die Wahrnehmung von Stabilität inmitten eines gefühlten Sturms möglich. Er erinnert daran, sich auf den Atem – die Lebenskraft – zu konzentrieren. Ging es den Menschen beim Pfingstereignis ähnlich? Sie richteten ihre Aufmerksamkeit wohl auf das, was sie in ihrem Leben als tragend empfanden – auf die Gemeinschaft, auf ihren Glauben und schließlich auf den Geist Gottes – die Lebenskraft, die sie erfüllte. Der Umbruch in ihrem Leben ist nicht von der Hand zu weisen, genauso wenig wie ihre Art, diesem standzuhalten. Wie auch immer der Geist der Veränderung gerade weht, es wird guttun, sich an das zu er-innern, was einen leben lässt und sei es der Blick aus dem Fenster oder die Gewissheit, dass auch der Sommer wiederkehrt.
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