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Papst und Kardinal sprechen Missbrauch an Ordensfrauen an

Weltkirche

Von 21. bis 24. Februar werden Bischöfe aus aller Welt im Vatikan über Missbrauch an Minderjährigen beraten. Nun hat Papst Franziskus auch den Missbrauch an Ordensfrauen durch Kleriker angesprochen. Und Kardinal Schönborn führte ein vielbeachtetes Gespräch mit einer früheren Ordensfrau.
 

Ausgabe: 7/2019
12.02.2019
- Heinz Niederleitner unter verwendung auch von Kathpress-Material
© BR

Papst Franziskus hat auf dem Rückflug von Abu Dhabi nach Rom offen ausgesprochen, dass es in der katholischen Kirche Missbrauch von Ordensfrauen durch Kleriker gibt. Dieses Problem bestehe nicht überall, aber doch hier und dort. „Es gab einige Priester und auch Bischöfe, die so etwas gemacht haben. Und ich glaube, dass das noch geschieht“, sagte Franziskus.
Der Papst reagierte damit auf die Frage einer Journalistin nach der Monatsbeilage der Vatikanzeitung „L‘Osservatore Romano“. Diese hatte das Thema in mehreren Beiträgen aufgegriffen. Im Vatikan arbeite man an diesem Thema, sagte der Papst. Es sei jedoch kein Problem, dass sich von heute auf morgen abstellen lasse. In der Vergangenheit seien bereits Kleriker suspendiert und fortgeschickt worden. Unter anderem sei eine religiöse Frauengemeinschaft aufgelöst worden, in der Missbrauch von Frauen durch Priester „einen gewissen Umfang“ erreicht habe, sagte Franziskus. Es habe dort regelrechte „Sklaverei gegeben bis hin zu sexueller Sklaverei durch Kleriker“.
Mit der Wortwahl von „sexueller Sklaverei“ als Grund für die Auflösung einer religiösen Frauengemeinschaft habe Franziskus „‚Manipulation‘ in Form von Machtmissbrauch“ gemeint, „der sich auch in sexuellem Missbrauch zeigt“, ergänzte später die vatikanische Pressestelle. Bei der aufgelösten Gemeinschaft habe sich der Papst auf eine Abspaltung der Johannes-Gemeinschaft (Congregation Saint-Jean) bezogen.

 

Nicht neu

Freilich: Neu sind Fälle von Missbrauch an Ordensfrauen nicht. Im Jahr 2001 waren zum Beispiel Berichte bekannt geworden, wonach Priester und sogar Bischöfe in Afrika Ordensfrauen zum Sexualverkehr gezwungen haben sollen. Aktuell brisant ist ein Fall in Indien: Gegen den mittlerweile zurückgetretenen Bischof von Jalandhar, Franco Mulakkal, laufen Ermittlungen, weil ihm vorgeworfen wird, die frühere Superiorin der Kongregation der Missionare Jesu vergewaltigt zu haben – was er bestreitet.

 

Und Österreich?

Bei der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft („Klasnic-Kommission“) haben sich bislang keine betroffenen Ordensfrauen gemeldet. „Auch wenn unser wichtigstes Aufgabengebiet der Schutz und die Hilfestellung für Minderjährige ist, die Opfer von Missbrauch und Gewalt wurden, ist für uns die entschiedene Bekämpfung des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses, wie es eben auch gegenüber Ordensschwestern zum Ausdruck kam, ein wichtiges Thema“, sagt Opferschutz-Anwältin Waltraud Klasnic. Sie begrüßt die Aussagen des Papstes und fordert, dass nun auch Taten folgen müssen.
Die Präsidentin der Frauenorden, Sr. Beatrix Mayrhofer, bringt den Vorschlag für eine Ombudsstelle für Ordensfrauen ein: „Wir brauchen jemand, der oder die ansprechbar ist speziell für Ordensfrauen, die von Missbrauch betroffen sind oder Vergewaltigung erlebt haben. Sie sollen eine Chance haben, jemanden einfach und unkompliziert anzusprechen.“ Gleich in den nächsten Tagen und Wochen werden die nächsten Schritte dieses Projekts in der gemeinsamen Leitung der Ordensgemeinschaften und bei den Oberinnen gesetzt, hieß es am Montag.

 

Gespräch

In dieser Situation wurde vergangene Woche ein Gespräch im Bayerischen Rundfunk veröffentlicht, das Kardinal Christoph Schönborn mit der ehemaligen Ordensfrau Doris Wagner führte. Wagner war bis 2011 Mitglied der Geistlichen Familie „Das Werk“ gewesen, das im Kloster Thalbach in Bregenz, aber auch in Rom eine Niederlassung hat. Dort kam es laut Wagners Schilderungen in ihrem 2014 veröffentlichten Buch „Nicht mehr ich“ zu mehrfachem sexuellen Missbrauch durch einen Priester der Gemeinschaft sowie zu einer verbalen sexuellen Bedrängung während der Beichte durch einen anderen Priester. 
„Das Werk“ selbst stellt das anders dar: Die „kurzfristige sexuelle Beziehung“ sei „einvernehmlich gewesen. Staatsanwaltschaften in Deutschland und Österreich hätten den Tatbestand der Vergewaltigung als nicht erfüllt gesehen. Bei dem Beichtvorfall, der auch ganz anders geschildert wird, sei es laut einer Untersuchung der Glaubenskongregation lediglich zu einem „unklugen“ Verhalten, nicht aber zu einem „Delikt“ gekommen.
Der betreffende Beichtpriester war selbst in leitender Position in der Glaubenskongregation tätig. Er ist Ende Jänner von dem Amt zurückgetreten, um, wie er sagt, „Schaden von der Glaubenskongregation und von seiner Gemeinschaft“ abzuwenden. Die Vorwürfe von Frau Wagner weist er als unwahr zurück. Laut dem „Werk“ soll nun ein innerkirchliches Verfahren „die Angelegenheit einer endgültigen Klärung“ zuführen.

 

„Ich glaube Ihnen.“

Vor diesem Hintergrund führte es zu Aufsehen, dass Kardinal Christoph Schönborn in dem öffentlichen Gespräch gegenüber Wagner versicherte: „Ich glaube Ihnen das.“ In dem Gespräch ging es auch um spirituellen Missbrauch, zu dem Wagner eben ein neues Buch veröffentlicht hatte. Schönborn sagte, dass es Strukturen und Systeme in der Kirche gibt, die Missbrauch begünstigten. Dabei gehe es vor allem um ein Machtungleichgewicht, eine „Dynamik des  Schweigens“ und nicht selten ein übersteigertes Priesterbild, welches die Gefahr des „Autoritarismus“ berge. 
Beim „Werk“ reagierte man „betroffen“ auf die Aussage von Schönborn, er würde Wagner glauben. Man sei nun persönlich mit ihm in Kontakt. 
 

Das Gespräch zwischen Kardinal Schönborn und Doris Wagner im Bayerischen Rundfunk bekam sehr viel öffentliche Aufmerksamkeit.
Das Gespräch zwischen Kardinal Schönborn und Doris Wagner im Bayerischen Rundfunk bekam sehr viel öffentliche Aufmerksamkeit.
© Bayrischer Rundfunk
© Bayrischer Rundfunk
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