Wort zum Sonntag
Sie haben insgesamt 25 Jahre Pfarrgemeinderatserfahrung. Was hat ursprünglich zu diesem langjährigen Engagement geführt?
Maria Voglauer: Durch die aktive Jungschar und Jugendarbeit in meiner Heimatpfarre Böhlerwerk in Niederösterreich bin ich da reingewachsen. Wie ich nach Timelkam übersiedelt bin, war ich froh, dass es auch hier eine offene, fortschrittlich denkende Pfarre gibt. Ich habe mich sofort heimisch gefühlt.
Wieso arbeiten Sie bis heute in der Pfarre mit?
Voglauer: Ich selbst habe in jungen Jahren eine sehr lebendige, offene Pfarre erlebt, in der sehr vieles möglich war und dort einen lebenswerten Raum vorgefunden, viele Erfahrungen machen zu können – einen solchen Entwicklungsraum wünsche ich mir auch für meine Kinder und alle Kinder und Jugendlichen der Gemeinde – und dafür braucht es Engagement.
Kann man als Pfarrgemeinderätin tatsächlich etwas bewegen oder wird im Pfarrgemeinderat nur diskutiert?
Voglauer: Ich glaube, dass man sehr wohl was bewegen kann. Die Gefahr besteht allerdings, dass wir im Leitungsgremium Entscheidungen ein Stück weit vorwegnehmen, dann in den Pfarrgemeinderat tragen, wo die anderen letztendlich nur noch die Hand heben können. Das muss man verhindern. Es geht darum, Diskussionen so aufzubereiten und herauszufordern, dass Mitbestimmung für alle im Pfarrgemeinderat möglich ist.
Sie beschreiben die Pfarre Timelkam als lebendig, was braucht es, damit das so weitergehen kann in den nächsten Jahren?
Voglauer: Es kann nicht alles von den Ehrenamtlichen abgedeckt werden, gerade nicht in einer so großen Pfarre wie Timelkam. Wir brauchen Hauptamtliche, die die ganze Pfarre und uns Ehrenamtliche gut begleiten. Von dem her sind wir neugierig und skeptisch, wie das mit der pfarrlichen Strukturreform in der Praxis werden wird, wo ja künftig ganz stark auf ehrenamtliches Engagement gesetzt wird.
Inwieweit haben Sie es in der Pandemie geschafft, die Gemeinschaft in der Pfarrgemeinde und in der Pfarre aufrechtzuerhalten?
Voglauer: Ob wir das tatsächlich geschafft haben, wissen wir noch nicht. Die Besucherströme in die Pfarre sind sehr deutlich zurückgegangen. Das merkt man etwa bei der Jungschar und bei den Gottesdiensten. Auch die Kandidatensuche für den Pfarrgemeinderat ist schwieriger als früher.
Zusätzlich haben viele Menschen in der Pandemie andere Hobbys und Beschäftigungen gefunden, die nichts mit der Kirche zu tun haben. In Zukunft wird sich die ehrenamtliche Arbeit verändern, die Leute werden noch genauer abwägen, wo sie sich einbringen und Energie reinstecken.
Was braucht es, damit eine Pfarre einladend ist auch für Neuzugezogene?
Voglauer: Wichtig ist, dass es in der Pfarre sympathische Personen gibt, die andere begeistern können. Eine Pfarre sollte immer offen auf die Menschen zugehen und auch eine breite Palette an Angeboten setzen.
In der Pfarre Timelkam gibt es einen Zukunftsausschuss. Was kann man sich darunter vorstellen?
Voglauer: Der Zukunftsausschuss beschäftigt sich weniger mit aktuellen Pfarrthemen oder der Organisation der Pfarrgemeinde. Es geht vielmehr um Visionen, den eigenen Glauben und wie man durch diese Motivation in der Kirche und in der Pfarre was bewegen kann und neue Ideen und Möglichkeiten findet.
Welche Visionen wollen Sie entwickeln, was sind die wichtigsten für die Pfarre in den nächsten Jahren?
Voglauer: Ganz salopp gesagt: Wir wollen nicht aktive Sterbehilfe für die Kirche betreiben und den Niedergang begleiten, sondern wir möchten Lebenszeichen setzen und Anker sein für die Menschen, in besonderen Situationen, aber auch in ihrem Alltag. Die Pfarre soll für alle Lebenslagen Lebensraum anbieten. Was bei alldem schwierig ist, ist aber die Nachhaltigkeit.
Was verstehen Sie in diesem Zusammenhang unter Nachhaltigkeit?
Voglauer: Wir merken in der Pfarre, dass zu den typischen Festen wie Erstkommunion, Hochzeiten und großen Events viele Leute kommen, die danach auch wieder schnell weg aus dem Pfarrleben sind. Es sind kurze Augenblicke, bei denen die Leute eine sehr gute Erfahrung mit der Pfarre machen, aber es ist eben nicht nachhaltig.
Das Thema beschäftigt uns sehr: Wie kommen wir von dieser Eventkirche weg, hin zu einer Kirche, die sich auch wieder im normalen Alltagsleben verankern kann?
Sie können in der Pfarre über vieles mitbestimmen. Wenn Sie auf höchster Ebene im Vatikan mitreden könnten, was würden Sie dort einbringen?
Voglauer: Das Thema Frau in der Kirche ist ein großes Thema, das nicht nur besprochen, sondern auch geändert gehört. Claudia Mitscha-Eibl, eine österreichische Liedermacherin, besingt das in einem Lied: ,Frauen sind des Pfarrers unbezahlbare Helferlein (…) was sollten wir ohne sie tun ...‘ Pfarren und die Kirche insgesamt könnten ohne Frauen nicht existieren. Wenn man das mit den offiziellen Strukturen vergleicht, ist das ein Armutszeugnis.
Und auch dieser Spalt zwischen geweihten und nicht geweihten Menschen gehört überwunden. Wir brauchen Menschen, die begeistern können und Zeugnis ablegen, das ist wichtiger als die Unterscheidung in Priester, Diakone und Laien. «
Maria Voglauer ist aufgewachsen in Niederösterreich und ist vor 16 Jahren nach Oberösterreich übersiedelt. Sie ist verheiratet, hat drei Söhne im Alter von 20, 16 und 12 Jahren. Die 41-jährige Kindergartenpädagogin leitet die elternverwaltete Kinderbetreuungseinrichtung „Springginkerl“ in Timelkam.
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