Wort zum Sonntag
Keine Weiheämter für Frauen, ein antiquiertes Frauenbild – viele waren nach der Lektüre des Papstschreibens enttäuscht, wütend, den Tränen nahe. Was sagen Sie jetzt, vier Wochen danach?
Maria Eicher: Ich war nicht überrascht. Ich habe es erwartet. Erstaunt und auch positiv berührt hat mich die Offenheit, mit der in den Leitungsgremien der Diözese Linz darüber geredet wird. Ich befürchte nur, dass es jetzt virulent ist und dann wieder nichts passiert.
Haben Sie den Eindruck, dass nach der Veröffentlichung des Schreibens „Geliebtes Amazonien“ etwas in Gang gekommen ist?
Eicher: Dass Pastoralamtsdirektorin Gabi Eder-Cakl bei der Pressekonferenz nach dem Lob für die ersten drei Teile, in denen es um Klimaschutz und um ein gutes Leben für alle geht, ihre Enttäuschung in puncto Frauenfrage so klar artikuliert hat, hat viele überrascht und gefreut. Mich auch. Die Amtsfrage ist nicht das Wichtigste, aber wenn sie gelöst ist, kann man sich endlich mit den wesentlichen Fragen beschäftigen. – Das habe ich jetzt schon öfter gehört und das sehe ich auch so. Als Frauenkommission bleiben wir an diesem Thema dran.
Sie haben nach dem päpstlichen Schreiben in einer Tageszeitung eine klare Stellungnahme gegeben: Ihr Engagement in der Kirche stehe für Sie auf wackligen Beinen. Gab es dafür Verständnis?
Eicher: Bei mir hat sich danach niemand gemeldet. Es gab keine Kritik, zweimal wurde ich gefragt, wie es mir gehe. Was jetzt gefordert ist, sind Taten, nicht schöne Worte. Eigentlich müsste sich die Amtskirche eingestehen, dass sie ungerecht gehandelt hat. Vielleicht hat sie es nicht besser gewusst. Das ist vorbei. Jetzt ist Umkehr gefordert.
Die Frauenkommission ist ein Beratungsgremium des Bischofs und will Frauen in der Diözese Linz eine Stimme geben. Jetzt laden Sie zur Aktion „Frauen machen Kirche“ ein. Worum geht es da?
Eicher: Diese Aktion wird europaweit organisiert. Es gilt, sichtbar zu machen, wie sehr Frauen Kirche prägen, mitgestalten und tragen. Wir laden alle Frauen ein, am 8. März von sich ein Foto zu machen, das sie bei ihrer Tätigkeit im kirchlichen Umfeld zeigt: von der Pfarr- und Pastoralassistentin, Wortgottesdienstleiterin bis zur Suppenköchin für den Familienfasttag. Die Fotos werden auf Social-Media-Kanälen wie Facebook gepostet und auf die Homepage der Frauenkommission gestellt. Wir wollen damit ein Zeichen der Präsenz von Frauen setzen.
Österreichweit zeigt sich, dass auch immer mehr Frauen die Kirche verlassen. Wundert Sie das?
Eicher: Nein. Wenn ich mich jetzt für eine geschlechtergerechte Kirche einsetze, dann hoffe ich trotzdem, dass die Frauen noch da sind, ... bis es einmal soweit ist. Viele fühlen sich in dieser Kirche nicht mehr mit ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten wahr- und ernstgenommen. Wenn ich daran denke, welches Frauenbild Papst Franziskus im Amazonas-Schreiben erst kürzlich wieder gezeichnet hat, dann sorgt das natürlich für Nachdenklichkeit bis Entrüstung. Frauen sollen sich von der Zärtlichkeit Mariens führen lassen, ihre Hingabe wird gewünscht, sie bleiben die Empfangenden – das ist ein Frauenbild aus dem 19. Jahrhundert.
Frauenministerin Susanne Raab will die Gleichstellung von Mann und Frau, will aber keine Feministin sein. Irritiert Sie das?
Eicher: Feministin zu sein, das ist für manche immer noch abschreckend. Aber was bedeutet es? Dass ich als Frau die Welt sehe und darüber nachdenke, welche Auswirkungen eine Entscheidung, eine Situation für Frauen hat. Sind Frauen mitgedacht, mitgemeint, angesprochen? – Wenn es um ein „gutes Leben für alle“ geht, wie Papst Franziskus schreibt, dann muss ich auch auf die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Berufungen der Frauen achten und daraus Konsequenzen ziehen.
#frauenmachenkirche, Info: www.dioezese-linz.at/frauenkommission
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