Wort zum Sonntag
Im Glaubensbekenntnis beten Christ/innen „Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben“. Was ist mit diesem Bekenntnis gemeint?
Stefan Schlager: Mit diesem Bekenntnis wird das Vertrauen ausgedrückt, dass trotz allen Leids, aller Ungerechtigkeit und Brutalität in der Welt Gott das letzte Wort behält: jener Gott, der am brennenden Dornbusch einst ein Versprechen gegeben hat, eine verbindliche Zusage – nämlich da zu sein für die Seinen, gerade dann, wenn es brennt und dornig ist. Nicht der Tod und nicht die Vernichtung werden sich also letztlich durchsetzen, sondern Gott und sein befreiendes „Ich-bin-da“, das bis in den Tod hinein zu reichen vermag: kreativ, belebend, heilend.
Wo liegen die biblischen Wurzeln dieses Bekenntnisses?
Schlager: Die Wurzeln dieses Bekenntnisses liegen in der Geschichte des Volkes Israel. Immer wieder hat Israel die Erfahrung gemacht, dass gegen alle Erwartung Gott an seiner Seite ist. So wie bei der Befreiung aus der Fronarbeit in Ägypten (im 13. Jahrhundert v. Chr.) oder bei der Heimkehr aus dem fast 50-jährigen Babylonischen Exil (im 6. Jahrhundert v. Chr.). Gott hat sich dabei stets aufs Neue als treuer Gott in den Auf und Abs der Geschichte erwiesen. Dieses über die Jahrhunderte langsam angewachsene Vertrauen in die Treue Jahwes verdichtete sich dann im 2. Jahrhundert vor Christus (in der sog. Makkabäer-Zeit) zu einem Auferstehungsglauben bzw. zu der Hoffnung, dass dieser Gott einer ist, der von den Toten auferweckt.
Wann bzw. wie genau kam dieser Auferstehungsglaube im Judentum zum Vorschein?
Schlager: Es gab einen Herrscher, Antiochus IV. Epiphanes, der eine Art „Hellenisierungsprogramm“ bei seinen Untertanen durchzusetzen versuchte. Zu seinem Herrschaftsbereich gehörte unter anderem auch „Israel“. Von den Juden und Jüdinnen verlangte er entsprechend seiner Ideologie, die Tora nicht mehr zu befolgen sowie dem Zeus (Olympios) zu opfern. Wer das nicht tat, musste mit Verfolgung, Verbannung, Zwangsarbeit oder Tod rechnen. Hier, genau hier haben dann aber gläubige Jüdinnen und Juden bewusst an ihrem Glauben festgehalten. Sie konnten und wollten ihrem Gott nicht abschwören. Zugleich aber vertrauten sie darauf, dass dieser Gott auch ihnen nun die Treue halten wird – sogar bis in den Tod hinein. Der erste Text in der hebräischen Bibel, der unbezweifelbar von einer Auferstehung spricht, ist demnach im Buch Daniel zu finden (Dan 12,1-4), das die Erlebnisse aus dieser Zeit gläubig verarbeitet.
Den Glauben an die Auferstehung gab es also schon vor Ostern?
Schlager: Der Glaube an die Auferstehung trat im dritten bzw. zweiten Jahrhundert vor Christus zu Tage: nicht in Form einer Projektion, um die schwierige Welt hinter sich zu lassen, sondern weil Menschen über Jahrhunderte hindurch gerade mitten in den Herausforderungen und Krisen des Lebens einen treuen Gott an ihrer Seite erlebt haben: einen Gott, dessen „Ich-bin-da“ kein leeres Versprechen war. Als gläubiger Jude hat Jesus diese Auferstehungshoffnung mit seinen Glaubensgeschwistern geteilt und sie auch mit Blick auf seinen bevorstehenden Tod „aufblitzen“ lassen: z. B. während des letzten Abendmahls in dem Hinweis, dass er zum letzten Mal nun hier vom Weinbecher trinken werde, das nächste Mal aber im Reich Gottes. Und auch die ersten Osterzeuginnen und Osterzeugen konnten nur mit Hilfe des jüdischen Auferstehungsglauben überhaupt verstehen, was sich damals „am dritten Tag“ in Jerusalem ereignet hat.
Was passiert in christlicher Vorstellung nach dem Tod?
Schlager: Wir dürfen darauf vertrauen, dass sich im Tod das ereignen wird, was Menschen einst mit Jesus schon erlebt haben: nämlich eine Begegnung, die aufrichtet, wieder herrichtet, zurecht richtet. Eine Begegnung, die nicht klein macht, sondern groß. Eine Begegnung, die zugleich heilsam umdenken lässt und einen neuen, viel weiteren Blick eröffnet – auf sich selbst und die anderen. Eine Begegnung, die letztlich auch aus unheilvollen Mustern und Zwängen herauszulösen vermag. Im Zentrum der christlichen Zukunftserwartung stehen daher nicht irgendwelche Orte, sondern Gott selbst – und sein Auferweckter. Aussagen über die letzten Dinge – was uns einmal erwartet – sind folglich nicht „Jenseits-Reportagen“, sondern Folgerungen aus der heilsamen Erfahrung der Menschen mit Gott und Jesus Christus.
Wie sieht das mit Himmel oder Fegefeuer nun aus?
Schlager: Das Fegefeuer und der Himmel sind nicht räumlich zu verstehen, sondern als verschiedene Aspekte der Begegnung mit Gott bzw. Jesus (unserem „Richter“). In dieser Begegnung mit dem „Auf-Richter“ – face to face – geht dem Menschen auf, was nur Schein ist und was bleibenden Wert hat (Gericht). Das Unmenschliche und Gemeine in einem selbst ist bereit, im Spiegel einer ungeahnten Menschlichkeit geläutert zu werden: in eine neue Weit und Tiefe hinein (Fegefeuer). Das Eintauchen in Gottes Liebe und Fülle aber ist der Himmel. Ein versöhntes Ankommen am Ziel – wie das Einlaufen eines Schiffes nach langer Reise im Hafen. Jesus verwendet für den „Himmel“ zudem das Bild eines Tisches, um den auch die versammelt sind, die uns längst vorausgegangen,
Und was bedeutet Hölle?
Schlager: Hölle würde bedeuten, dass sich die Menschen diesem Gott total verweigern – und der von ihm eröffneten Möglichkeit, endlich ganz Mensch zu werden bzw. anzukommen im Heilen und Hellen, Guten und Versöhnten. Wenn Jesus von Hölle spricht, dann zudem immer auch in Zusammenhang mit Menschlichkeit gegenüber Armen, Flüchtenden und Verachteten (vgl. Mt 25). Weil ihm das Wohl gerade dieser so oft übersehenen Menschen am Herzen liegt (ohne wenn und aber), gilt es entsprechend zu handeln: jetzt schon. Wehe dem, der das übersieht und die Menschen verachtet, ausnützt, sie und ihre Lage geringschätzt. All das hat Folgen. All das wiegt schwer und hat unendliches Gewicht. Und trotzdem wagt das Neue Testament auch hier noch eine letzte Hoffnung, dass Gott dennoch Möglichkeiten hat, alle Menschen ans Ziel zu bringen. Durchgeläutert freilich, schmerzlich beschämt und radikal verwandelt im innersten Kern. Verwandelt hin zu einem neuen Menschen, der sich Gott nicht mehr verweigern will – und auch seinen Mitgeschöpfen nicht mehr.
Der christlichen Hoffnung wird von Kritiker/innen entgegen gehalten, dass das nur fromme Wünsche ohne wissenschaftliche Beweisbarkeit sind. Was sagen Sie diesen?
Schlager: Die Frage, was nach dem Tod kommt ist mit Hilfe der Naturwissenschaften eigentlich nicht zu beantworten. Denn diese beschränken sich auf das Vorfindliche im Raum und Zeit. Alles, was jenseits von Raum und Zeit ist (und dazu gehört der Bereich des Todes), liegt deshalb außerhalb des Geltungsbereiches dieser Wissenschaft. Während es den Naturwissenschaften also um ein „be-greif-bares“ Wissen geht (und deshalb Wirklichkeit auf diese Dimension des Mess- und Sichtbaren reduziert), fragt Religion weiter, tiefer, viel grund-legender. Religion fragt nach einem letzten Sinn, nach einem letzten Halt und Ziel. Und macht Mut dabei, Vertrauen zu wagen, „nicht um diese Welt zu erklären, sondern um ihr standzuhalten“ (vgl. E. Drewermann). Vertrauen, Liebe, Treue – all das geht jedoch über das Quantifizierbare, Messbare hinaus. So gesehen kann der Glaube an die Auferstehung nicht „bewiesen“ werden, aber gut begründet sein: durch ein über Jahrhunderte gewachsenes Vertrauen in ein göttliches Versprechen (Ich werde da sein für euch), das sich immer wieder als verlässlich erwiesen hat. Bis in unsere Zeit hinein.
Die Kurzfassung des Interviews finden Sie in der Printausgabe der KirchenZeitung.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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