Christine Maria Grafinger war die erste Frau, die in der Handschriftenabteilung der Vatikanbibliothek angestellt worden ist. Und sie ist die erste Frau, die nun zum Vize-Kämmerer der Erzbruderschaft am Campo Santo Teutonico in Rom gewählt wurde.
Ihre Wohnung liegt nicht weit vom Vatikan entfernt. 20 Minuten zu Fuß braucht Christine Maria Grafinger, um in die Handschriftenabteilung der Vatikanbibliothek zu gelangen. „Ein wunderbarer Arbeitsplatz“, sagt die Historikerin und Handschriftenexpertin. Die Gmundnerin kommt ins Schwärmen, wenn sie von den wertvollen Schriftstücken erzählt. Bei Führungen in der Bibliothek und im Archiv, die sie immer wieder macht, kommen auch die Besucher ins Staunen. „Wenn ich z. B. Luthers Exkommunikationsbulle herausziehe, ist das nicht nur für mich etwas ganz Besonderes.“
Vize-Kämmerer
Es war 1986, als die Oberösterreicherin nach Rom reiste. Sie wollte nur drei Monate bleiben, um im Vatikan eine Ausstellung vorzubereiten. Doch sie ist der Bitte des Präfekten gefolgt, in der Handschriftenabteilung der Vatikanbibliothek zu arbeiten. „Am Anfang war es nicht einfach, weil noch keine Frau in der Bibliothek angestellt war. Es hat über sechs Jahre gedauert, bis der Präfekt das im Staatssekretariat durchgeboxt hat.“ Seit zehn Jahren ist Christine Maria Grafinger Mitglied der Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Mutter Gottes. Diese ist Eigentümerin des Campo Santo Teutonico, auf dem sich der deutsche Friedhof, die Kirche Santa Maria della Pietà und das deutsche Priesterkolleg befinden. Das Areal liegt auf italienischem Staatsgebiet, ist aber von den Mauern des Vatikan umgeben. Am 10. November wurde die Gmundnerin als erste Frau zum Vize-Kämmerer der 500 Jahre alten Bruderschaft gewählt. „Wir haben die Aufgabe, den Friedhof zu pflegen, uns ums Totengedenken und um die Betreuung der älteren Mitglieder der Bruderschaft zu kümmern.“