Das Überraschende an der Familiensynode in Rom war nicht das Abschlussdokument: So mancher Bischof und Kardinal zeigte sich erstaunlich wandlungsfähig. Ein Unter Uns von Josef Wallner.
Ausgabe: 2014/43, Unter Uns
22.10.2014
- Josef Wallner
Wenn man die Familiensynode in den vergangenen beiden Wochen verfolgt hat, kam man aus dem Staunen nicht heraus. Nicht das Ergebnis des Abschlussdokumentes ist überraschend, sondern weit beeindruckender ist die Wandlungsfähigkeit, die gar nicht wenige Bischöfe und Kardinäle an den Tag gelegt haben, die sich unter den Vorgängern von Papst Franziskus als besonders kirchentreu hervorgetan haben. Diese Würdenträger wurden nicht müde, jede päpstliche Äußerung hochzujubeln und gleichsam als unfehlbar zu verteidigen. Selbst Beistriche und Doppelpunkte waren davon nicht ausgenommen.
Doch jetzt, da Papst Franziskus in Fragen von Ehe und Familie Leitlinien vorgelegt hat, die ihnen gegen den Strich gehen, hört sich das plötzlich ganz anders an. Die am lautesten geschrien haben, dass die Kirche keine Demokratie ist und stets blinden Gehorsam eingefordert haben, reden jetzt ganz anders. Man muss selbstverständlich alles diskutieren und in Frage stellen, fordern sie nun. Was der Papst sagt, ist plötzlich nicht mehr unantastbar, muss besprochen, argumentiert und notfalls korrigiert werden. Man traut seinen Ohren nicht – und doch ist es gut so. Die neue Kultur der Offenheit, die durch Papst Franziskus wieder in die Kirche eingekehrt ist, hält das aus.