„Ich finde das menschenunwürdig“, schreibt eine 58-jährige Frau. Sie bezieht die Mindestsicherung und wird nun, da ihre Tochter berufstätig wird, darum umfallen. Denn die Tochter lebt mit ihr im gemeinsamen Haushalt und muss die Mutter unterstützen.
„Man ist sozusagen eine Bittstellerin bei den Kindern“, schreibt die Frau. Und setzt fort: „Ich habe sechs Kinder großgezogen. Für diese habe ich immer gesorgt, geschaut, dass sie eine gute Ausbildung bekommen. Die Kinder werden arbeiten und Pensionsbeiträge leisten. Nicht für mich, denn ich habe wegen der Kindererziehung keinen Anspruch.“
Keine Grundsicherung
„Die Mindestsicherung ist keine Grundsicherung“, bedauert Iris Woltran, Expertin der Arbeiterkammer OÖ. Es ist so, dass das gemeinsame Haushaltseinkommen herangezogen wird. Würde die Mindestsicherung zumindest die Höhe der Armtsschwelle haben, ist Woltran überzeugt, gäbe es viele Probleme nicht. Der Armutsgrenze-Richtsatz ist derzeit 1.104 Euro im Monat.
Krankenversicherung
Die Frau sollte trachten, dass sie wenigstens mit einem Minimalbetrag in der Mindestsicherung bleibt, rät Woltran. Denn sonst falle sie auch noch aus der Krankenversicherung. Eine weitere Maßnahme zur Verringerung der Armutsfallen wäre die schon lange geforderte Anhebung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung. Wer arbeitslos wird, sollte statt 55 Prozent 75 Prozent des Einkommens bekommen (bis zu einer Höchstbemessungsgrundlage). Das würde allerdings im beschriebenen Fall auch nichts helfen, weil die Frau kein Arbeitslosengeld und keine Notstandshife bezieht.
Subsidiarität
„Das Subsidiaritätsprinzip, für das sich die Kirche so stark macht“, habe auch eine zweite Seite, die in der modernen Welt nicht mehr ganz verstanden werde, gibt ein Experte aus einer Sozialeinrichtung zu bedenken: „Zunächst ist die Familie zuständig, den Lebensunterhalt zu sichern, erst dann die Öffentlichkeit.“ Die Frau aber, die nicht zur Familien-Bettlerin herabgewürdigt werden will, hat durchaus Verständnis, dass die Kinder einen Beitrag leisten sollen. Aber dass sie nun gar keine Mindestsicherung mehr bekommen soll, versteht sie nicht. Es sei ohnedies nicht viel, was sie bekomme: 120 Euro Unterhalt und 530 Euro Mindestsicherung.
Beratung in Anspruch nehmen
Besseres können die Expertin und der Experte nicht raten: Die neue Berechnung sollte man nachrechnen lassen und Beratung bei einem mit der Sache befassten Sozialverein oder bei der Arbeiterkammer in Anspruch nehmen.