In den letzten Tagen vor Weihnachten finden traditionell in den Gefangenenhäusern Weihnachts-Gottesdienste statt. Weihnachten erleben, so berichtet die Gefangenenseelsorge, Menschen drinnen wie draußen sehr emotional.
Im Gefangenenhaus Garsten feiert die Cursillo-Runde Kremsmünster den Weihnachts-Gottesdienst mit, zu dem heuer am 22. Dezember Bischofsvikar Mag. Max Mittendorfer kommt. Seit drei Jahren unterstützt auch der Sozialkreis der Pfarre Ternberg schon Tage vor dem Fest beim Vorbereiten und Füllen kleiner Kekssackerl. Diese werden am Heiligen Abend mit einem Weihnachtsgruß in jedem Haftraum ausgeteilt.
Sehnsüchte
„Niemand ist gerne alleine, und schon gar nicht zu Weihnachten. – Auch wenn es in Freiheit vielleicht niemanden mehr gibt, der wirklich auf einen wartet, ist bei den meisten eine Sehnsucht wach, die gerade zu Weihnachten mehr drückt als zu anderen Zeiten. Gefangene sind nicht nur Täter, sondern auch liebevolle Väter, besorgte Söhne, Ehemänner, Partner“, sagt Gudrun Schnaubelt vom Referat Gefangenenpastoral.
Schmerz
Die Sehnsüchte sind im Gefängnis natürlich durch die Umstände verstärkt. Der Garstener Gefangenenseelsorger Mag. Georg Kamptner schildert das Besondere der Weihnachts-Gottesdienste in den Gefängnissen: Es gibt sonst keine Feiern hinter Gittern. „Und Weihnachten gibt es dann doch eine!“ Da ist die Musik ganz wichtig. „Die Insassen hören einfach sehr gerne Weihnachtslieder.“ Aber Weihnachten ist auch mit Schmerz verbunden: nicht zu Hause, nicht bei den Kindern sein zu können. Häftlinge aus anderen Ländern und Kontinenten erzählen sehr gerne, wie bei ihnen daheim Weihnachten gefeiert wird.
Reformanliegen
Die Gefangenenseelsorge stellt sich hinter Reformanliegen, wie sie auch Justizminister Wolfgang Brandstetter zum Thema macht: Mehr Ausbildung für die Gefangenen, damit sie nach der Haft eine Chance haben, Arbeit zu bekommen. Verstärkt gute Therapiemöglichkeiten für psychisch beeinträchtigte Insassen. Reduzierung von Straflängen.
„Warum ich zur Weihnachtsmesse im Gefängnis gehe“
Um gemeinsam mit meinen Freunden unsere Zusammenkunft zu feiern. Um gemeinsam mit meinen Freunden unser Exil von unseren Familien zu betrauern. Um Erinnerungen wieder aufzurufen, die einen erfüllen. Um Erinnerungen wieder zu unterdrücken, die einen deprimieren. Um der Gefängnisband und ihren Liedern zu lauschen. Um unseren mageren Beitrag zu dieser musikalischen Darbietung zu belächeln. Um beim Singen von „O Tannenbaum“ aufbauende Hoffnung zu erfahren. Um beim Singen von „Stille Nacht“ schmerzvolle Sehnsucht zu spüren. Um eine Kerze für die Lebenden zu entzünden. Um eine Kerze für die Toten zu entzünden. Um meiner toten Frau begeistert von unserer Tochter zu erzählen. Um ein vorwurfsvolles Schweigen als Antwort von ihr zu erhalten. Um aus dem Gefängnisalltag auszubrechen. Um am Ende wieder einzubrechen. Um nach dem Ende der Messe die Gäste von draußen freudig zu begrüßen. Um nach der Verabschiedung mich wieder allein zu fühlen. Warum ich zur Gefängnis-Weihnachtsmesse gehe? Um mich dafür zu entscheiden, alles positiver zu sehen und das Negative hinten anzustellen.
Text eines Häftlings in Garsten
Helfen
Familienangehörige und Freunde können durch Einzahlung von Geldbeträgen auf ein Gefangenenkonto einen Häftling unterstützen. Das Geld auf seinem Konto kann er beim wöchentlichen Einkauf verwenden. (Lebensmittelpäckchen zu senden ist nicht erlaubt.) Die Gefangenenseelsorge unterstützt Gefangene, die keine Arbeit und kein Geld von außen bekommen oder sich in finanziellen Notlagen befinden. Spenden werden dankbar angenommen.