Vor 70 Jahren wurden in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges Tausende ungarische Juden durch das Ennstal getrieben. Die Katholische Jugend erinnert in einer Lichterfeier an diese grauenhafte Zeit.
„Der Zug bot ein Bild des Grauens, wie die ausgemergelten Gestalten dahinwankten.“ Das berichtet die Pfarrchronik Weyer über den Todesmarsch ungarischer Juden. Die an der Front eingesetzten Zwangsarbeiter sollten so „evakuiert“ werden. Tausende wurden im März und April 1945 vom Burgenland nach Mauthausen getrieben und kamen auch durch das Ennstal. Unter unmenschlichsten Bedingungen mussten die Menschen pro Tag 40 Kilometer zurücklegen. Verpflegung gab es kaum, wer nicht weiterkam, wurde getötet.
Behutsame Gedenkarbeit
70 Jahre danach gibt es nur mehr wenige, die sich daran erinnern. Ob man dieses dunkle Kapitel Geschichte je wird abschließen können? Reinhard Fischer, Regionsassistent der Katholischen Jugend im Ennstal, glaubt das nicht. Und will das auch nicht. „Das Erinnern an den Todesmarsch ist wichtig, damit so etwas nicht wieder passiert.“ Durch eine behutsame Gedenkarbeit in Bezug auf die lokale Geschichte der Ennstal-Gemeinden soll bedenklichen Strömungen wie Demokratiefeindlichkeit und Rechtsextremismus entgegengewirkt werden. Als Projektkoordinator des Friedensprojekts der Katholischen Jugend Region Ennstal will Reinhard Fischer dieses Stück Geschichte lebendighalten. Das Projekt hat den Titel: „Zum:verGEHEN:erinnern“. Dutzende Jugendliche aus der Region sind daran beteiligt.
Zeitzeugengespräche
Eine der Aktionen des Friedensprojektes sind Gespräche mit den letzten Zeitzeugen. Sie waren damals Kinder, höchstens Teenager. Für sie war die Bedrohung und Tragik kaum fassbar. Viele litten darunter, dass die Geschehnisse in den Jahrzehnten nach dem Weltkrieg Tabuthemen waren. Im Ennstal, wie überall in Österreich, war oft nicht gern gesehen, wer die Nazizeit kritisch zur Sprache brachte. Heute jedoch habe sich das geändert, beobachtet Reinhard Fischer. Die Sensibilität in der Bevölkerung sei weit größer, sagt er. Kernstück des Friedensprojekts ist die Lichteraktion am 12. April 2015. Nahezu auf den Tag genau 70 Jahre nach dem Todesmarsch werden in vielen Orten im Ennstal Schwimmkerzen auf der Enns auf die Reise geschickt. Somit wird der Fluss an diesem Abend ein leuchtendes Zeichen des Erinnerns und der Hoffnung, dass sich derartige Ereignisse nie mehr wiederholen. Symbolisch soll außerdem eine Gruppe von Holzstipfln diesen Weg entlangwandern. Im Projektzeitraum von April bis Oktober 2015 stehen sie entlang der Eisenbundesstraße 115 und regen Vorbeikommende zum Nachdenken an. Gestaltet wurden sie von fünf Schülern der Polytechnischen Schule Großraming.
Lichterfeiern
An zehn Orten finden am Sonntag, 12. April 2015 Lichterfeiern statt. Beginn ist jeweils um 19 Uhr. - Kleinreifling, Seewiese - Weyer, Kastenreith - Großraming, Rückstau/hinter der Stockhalle - Reichraming, Rückstau/Ortszentrum - Losenstein, Treffpunkt vor der Pfarrkirche - Ternberg, Ennsweg - Garsten, Sandbrücke - Steyr, Ennskai/Umkehrplatz - Enns, Ennsdorf/Zillenplatz - Mauthausen, Steinbruch/Wienergraben