„Es wäre ein Segen für die Kinder, wenn mehr Menschen kapierten, daß mit dem Zerbrechen einer Ehe nicht auch die Familie aufhört zu bestehen“, meint Rolf Sauer, Leiter der Abteilung Ehe und Familie im Pastoralamt der Diözese Linz.Viele Kinder erleben die Scheidung ihrer Eltern als große Belastung. Sie reagieren mit Schuldgefühlen, mit Aggressionen nach außen oder mit einer Abkapselung gegenüber der Umwelt. Verinnerlicht werden diese Störungen, wenn es den Expartnern nicht gelingt, den Kindern zu beiden Eltern halbwegs normale und eigenständige Kontakte zu ermöglichen. „Eine Situation, die leider häufig vorkommt“, bedauert Rolf Sauer. Eine Studie des Salzburger Religionspädagogen Anton Bucher macht das deutlich: Von 1200 befragten Kindern bezeichnen sich nur 5,5 % als unglücklich. Bei Kindern dagegen, die mit nur einem Elternteil zusammenleben, beträgt der Anteil der Unglücklichen 39%. Ein Gesetz (siehe unten), das ein gemeinsames Sorgerecht nach einer Scheidung ermöglicht, könnte ein Signal sein, meint Rolf Sauer. Aber ein paar Paragraphen lösen die eigentlichen Probleme nicht. Kein einfacher Weg„Elternsein ist oft schwer genug. Nach einer Scheidung wird das nicht einfacher: das eigene Elternsein und das Zulassen des Elternseins des Ex-Partners. Wer das hinkriegen will, muß sehr intensiv darum ringen“, sagt Rolf Sauer. Ein Gesetz könne dabei nur dann hilfreich sein, wenn die gemeinsame Sorge für die Kinder nicht bloß auf dem Papier steht, sondern wirklich gewollt ist.Schlecht geregelte „Kinderfragen“ gehören zu den bedrückendsten Scheidungsfolgen. Rolf Sauer kennt das aus der Beratung und von den Vorbereitungskursen für Zweitehen. „Viele Mütter können ihre Beziehung und ihre Konflikte mit dem Ex-Partner nicht auseinanderhalten von der Beziehung und den Konflikten der Kinder mit dem Noch-immer-Vater. Frauen tun sich offensichtlich schwer damit, daß ein Mann, der mit ihnen schlecht umgegangen ist, mit den Kindern durchaus gut umgehen kann, ein guter Vater sein kann.“ Sauer vermutet, daß das mit der Art zu lieben zu tun hat, die bei Frauen viel ganzheitlicher ist. Väter andererseits absentieren sich häufig, wenn sie von der Exfrau mit Besuchsregelungen, Vorhaltungen etc. zu sehr gezwickt werden. Angebote nutzenEine Scheidung hinterläßt Wunden und geht in vielen Fällen auch nicht ohne Schuld- und Schamgefühle ab. Daraus trotz allem etwas Konstruktives zu machen, ist oft ohne Hilfe von außen schwer möglich. Ein besonderes Angebot dafür ist die Mediation, empfiehlt Sauer. „Sie setzt voraus, daß beide Ex-Ehepartner eine gemeinsam ausgehandelte Regelung wollen.“Gerade die Kirche müßte mithelfen, daß „Menschen nach der Scheidung zu einem respektvollen Umgang miteinander finden, damit – auch im Interesse der Kinder – jener Friede möglich wird, zu dem Gott uns berufen hat“. Hans Baumgartner