Es wird künftig nicht mehr genügen, einen Beruf zu erlernen, um dann Jahrzehnte mit diesem Wissen auf dem selben Posten zu verbleiben. Flexibilität erwartet die Wirtschaft vom Menschen. Und auf diese Flexibilität hin gilt es künftig auszubilden. In Zeiten unsicherer Arbeitsmarktlage findet diese These Zustimmung. Jene Buben und Mädchen, die ab kommender Woche für ein weiteres Jahr den täglichen Weg in die Schule nehmen, werden auf diese Flexibilität hin ausgebildet werden. Für das Wirtschaftsleben „brauchbare“ Leute sollen eines Tages die Schulen verlassen. Die Wirtschaft bestimmt also wesentlich mit, was und wie gelernt werden soll. So ungeniert wie Viktor Tschernomyrdin in Rußland getraut man es sich bei uns nicht zu sagen, als er von einer „Wirtschaftsdiktatur“ sprach, mit der er das Land sanieren will. Aber wurde in den weltlichen Ländern nicht längst eine Art solcher Wirtschaftsdiktatur eingeführt?Es gibt auch andere Qualitäten, auf die hin es auszubilden gilt, andere Bildungsziele also: Der gute Umgang miteinander, der nicht die Fähigkeit stärkt, im Konkurrenzkampf zu bestehen, sondern der stark macht für die Solidarität.Es wird sehr intelligente Menschen brauchen, die in der Lage sind, jener Wirtschaftslogik, die die Reichen noch reicher macht, die Armen aber ärmer, eine andere Logik entgegenzusetzen. Nicht Anpassung, sondern Widerstand lautet dann die Tugend, die es zu fördern gilt. Jugendliche, deren Selbstbewußtsein nicht bloß von den Markenschuhen abhängt, auf denen sie durch die Tage schleichen, haben das Talent dazu.