In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938 wurde in der „Reichskristallnacht“ die Linzer jüdische Synagoge niedergebrannt. Eine sensationelle, noch nie veröffentlichte Fotoserie belegt das Ereignis.„Die Aktion der SS wurde in vollster Disziplin ausgeführt“, heißt es im Bericht des Führers des SD-Unterabschnittes Oberdonau an den SD-Führer des SS-Oberabschnittes Donau in Wien. Gemeint ist die Vernichtung der jüdischen Synagoge in Linz in der Nacht vom 9. auf 10. November 1938. Der Synagogenbrand in der „Reichskristallnacht“ ist auf Fotos, die erst jetzt bekannt wurden, eindrucksvoll dokumentiert. Der frühere Pfarrer von Weißenkirchen Johann Dopler erinnerte sich: „Der damalige Seminarist und spätere Bildungswerkleiter in der Diözese Linz, Dr. Franz Mittermayr, hatte von einem Fenster des Priesterseminars aus den Brand der Synagoge in fünf Bildern festgehalten. Am 10. November, 4.30 Uhr, hat er das erste Bild gemacht. Selbst die Blende – 4.5 – und die Belichtungsdauer – 30 Sekunden – hat er festgehalten. Sekunden einer Nacht, die für tausende Juden im deutschen Einflußbereich zu Sekunden des Schreckens wurden!“ Noch nie wurde Mittermayrs Fotoreihe veröffentlicht.„Der Fanatismus, der damals herrschte, gab mir damals die Angst, daß in den nächsten Tagen auch der Dom brennen würde“, beschreibt Altpfarrer Dopler, was in ihm vorgegangen ist. Am nächsten Tag in der Frühe lagen im kleinen Seminargarten, den man „Altes Testament“ nannte, angebrannte Blätter von Bibeln in hebräischer Sprache. „Ich wollte so ein Baltt aufheben und mitnehmen; ich habe mich aber geschämt, so etwas anzurühren, damit ich mit diesem Frevel nichts zu tun habe.“Die Wertgegenstände hatten die Angehörigen der SA-Gruppe Alpenland sowie des SS-Abschnitts VIII noch „in Sicherheit“ gebracht, nachdem sie um 3 Uhr in der Nacht aus Wien „telefonisch von der Judenaktion in Kenntnis gesetzt“ worden waren, wie es im Bericht heißt. Um vier Uhr waren sie schon bei der Snagoge, eine halbe Stunde später legten sie den Brand. Der offizielle Bericht trauert noch einer verlorenen Briefmarkensammlung nach, die die Leute bei der Plünderung offensichtlich übersehen hatten. Der offizielle Feuerwehrbericht weist als Ausbruchszeit des Brandes erst 5.26 Uhr aus. Ca. 800 „Schlauchmeter“ wären zum Zwecke von „Deckungsangriffen für die Umgebung“gelegt worden. Alles brannte nieder, bis auf die Grundmauern. Fotos von Dr. Mittermayr zeigen die Brandruine am 23. November.Zwischen ein und vier Uhr nachts waren bei der Staatspolizei Fernschreiben über die Durchführung der „Aktion“ gegen die Juden eingelaufen. „Aus technischen Gründen wurde die hiesige Dienststelle erst gegen 7 Uhr früh von den Fernschreiben in Kenntnis gesetzt“, heißt es zynisch im oben erwähnten Bericht, der die Ereignisse herunterspielt: „Da im hiesigen Dienstbereich bereits am 8. 11. 1938 eine große Anzahl Juden festgenommen war, ist hierin ein weiterer Grund zu erblicken, daß größere Ausschreitungen nicht eintraten.“ 96 Juden wären festgenommen worden. Nach der Reichskristallnacht erhielten die Juden „Besuch“ von SA-Leuten, die sie aufforderten, ihre Wohnungen binnen drei Tagen zu räumen.„Die im Zuge der gegen die Juden angeordneten Vergeltungsmaßnahmen (Sühne des Pariser Mordes) wurden auftragsgemäß und ohne Zwischenfall durchgeführt“, heißt es lapidar im Lagebericht der Bezirshauptmannschaft Steyr an die GESTAPO Linz für den Monat November.800 Mitglieder zählte die Linzer Kultusgemeinde vor der nationalsozialistischen Ära. Jetzt sind es rund 40. Am 9. November, 19 Uhr, wird die klein gewordene Israelitische Kultusgemeinde im Gedenken an jene Nacht für die Opfer des Nationalsozialistischen Regimes in der Synagoge eine Gedenktafel enthüllen. In Wels findet am Kaiser-Josef-Platz, 9. 11., 19 Uhr, eine Gedenkfeier statt.