420.000 Arme sind eine überaus ernste Herausforderung für einen Wohlfahrtsstaat. Dennoch dürfe man nicht übersehen, daß Österreich in der EU nach Dänemark die wenigsten Armen hat. Gefährtet sei das Sozialgefüge vor allem vom neuen Kapitalismus. Das betonte der Linzer Politikwissenschafter Josef Weidenholzer bei der Österreichischen Pastoraltagung zum Thema „Caritas – Dienst an Mensch und Gesellschaft“. Der österreichische Sozialstaat sei nicht so schlecht, wie ihn manche darstellen. Was wir jetzt brauchen, so Prof. Weidenholzer, sei die Feinabstimmung, um die aus sehr unterschiedlichen Quellen gespeiste Armut zu minimieren. Gezielte Bewässerung statt Gießkanne sei nötig. Dazu braucht es aber auch gesicherte Daten, die es in Österreich leider erst seit dem EU-Beitritt allmählich gebe.Die größte Gefahr für das Sozialsystem sieht Weidenholzer in der „Kapitalisierung der sozialen Beziehungen“, im Eindringen des neuen Kapitalismus in das Sozialsystem und in das soziale Wertegefüge. Wenn heute unser Pensionssytem in Frage gestellt werde, müsse man fragen, wer denn das größte Interesse daran hat, daß das über private Kapitalfonds abläuft. Oder wenn über Gesundheitsreform geredet werde: Ist da nicht eine beinharte Kosten-Nutzen-Rechnung im Gange, die letztlich in einer Euthanasiediskussion endet? Oder welche Umwertung geschieht, wenn uns ein Möbelhaus den Sonntag als Familientag – zum Einkaufen – einreden will.