Ausgabe: 1999/11, Landwirtschaft, Bauern, Agenda 2000, Europa, EU
16.03.1999 - Matthäus Fellinger
Fünfzigjährige Bauern erinnern sich. Soviel wie heute haben sie schon damals für ein Ferkel bekommen, als sie den Hof übernommen haben. Und der Preis für’s Getreide lag auch über dem Niveau von heute. Während in Brüssel die Endverhandlungen über die „Agenda 2000 laufen“, geraten immer mehr Bauern an die Existenzgrenze. Die Zwischenberichte aus Brüssel sind eindeutig. Die Preise werden Richtung Weltmarktniveau gesenkt, dafür gibt es Ausgleichszahlungen.„Weltmarktpreise“ waren schon in der Vergangenheit problematisch. Jeder, der mit der schwierigen Situation von Entwicklungsländern vertraut ist, weiß darum. Für einen kleinen Kaffee- oder Bananenbauern in Mittelamerika war das Weltmarkt-Preisniveau genauso tödlich wie heute für einen europäischen Kleinbauern. Durchgesetzt haben sich die großen weltumspannenden Konzerne; dieselben, die etwa den Europäern Strafzölle verordnen wollen, weil diese ihre Bananen nicht von ihren Plantagen kaufen. Die Landwirtschaft ist zum Agrarmarkt geworden, der seine „Rohstoffe“ bedenkenlos ausbeutet. Was zählt schon eine „gute“ oder gar „reiche“ Ernte, wenn nicht einmal der Bauer davon leben kann?Europa verabschiedet sich von der Landwirtschaft. Die Felder werden jenen überlassen, die sich vielleicht ganz gut an Börsen auskennen, die aber von Zusammenhängen in der Natur nichts mehr verstehen. Eine neue Generation wird heranwachsen. Sie wird ein gutes Stück abhängiger sein - Förderungen zählen nicht zu den erneuerbaren und nachwachsenden Gütern.