Das Jahr 1999 ist in der Vorbereitung auf das Millennium nach dem Wunsch des Papstes in besonderer Weise Gott, dem Vater, gewidmet. In der dritten Folge unserer vierteiligen Reihe zu diesem Thema behandelt Dr. Josef Schicho das Thema „Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus“. Im letzten Teil geht es dann darum, in welcher Weise Gott auch unser Vater ist.
Die Verkündigung Jesu hat zwei große Schwerpunkte: das Kommen des Gottesreiches und die Botschaft vom Vater im Himmel. Jesus spricht aus einem besonderen Nahverhältnis zu diesem Gott. Er wollte uns Kunde von diesem seinem Vater bringen. Er betont (Mt 11, 27): „Niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.“
Der Weg zum Vater Jesus schließt an die Geschichte der Offenbarung Gottes in seinem Volk an. So heißt es am Anfang des Hebräerbriefes: „Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit hat er zu uns gesprochen durch den Sohn. Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und Abbild seines Wesens.“ Im Epheserbrief schreibt Paulus: „Durch ihn haben wir Zugang zumVater.“ Jesus ist der Weg zu ihm. Im Gespräch mit seinen Jüngern betont Jesus (Joh 14, 6ff): „Niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt erkennt ihr ihn und habt ihn gesehen.“ Auf die bittende Frage des Philippus sagt der Herr: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen Glaubt mir, daß ich im Vater bin und daß der Vater in mir ist.“
Abba – lieber Papa Jesus unterscheidet sein Verhältnis zu Gott von unserem. Er spricht von „meinem und eurem Vater“. Das innige Verhältnis Jesu zu seinem Vater zeigt sich in der familiären Anrede „Abba“, es ist ein vertrauliches Kinderwort, das im Deutschen etwa mit „lieber Papa“ wiedergegeben werden könnte. Er weiß sich getragen und gesandt von seinem Vater. Es geht ihm um die Verherrlichung dieses Vaters, wie dieser auch für die Verherrlichung seines Sohnes sorgt. Die Apostel verkünden und preisen den „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (2 Kor 1, 3). Das wohl deutlichste Wort über das ganz besondere Verhältnis Jesu zu seinem Vater steht in einer Auseinandersetzung mit führenden Juden (Joh 10, 25–33). Jesus weist darauf hin, daß seine Sendung als Messias durch seine Werke, die er im Namen seines Vaters tut, eindeutig bezeugt sei, und erklärt dann feierlich: „Ich und der Vater sind eins.“ Einige Zuhörer wollen ihn darauf steinigen, weil er Gott gelästert habe: „Du bist doch nur ein Mensch und machst dich zu Gott.“
In Gleichnissen Vieles, was Jesus über seinen Vater den Menschen mitteilen wollte, hat er in Gleichniserzählungen getan. Seine entgegenkommende Liebe und Barmherzigkeit leuchtet unübertrefflich in der Geschichte vom verzeihenden Vater und seinen beiden Söhnen auf. Seine Geduld wird im Gleichnis vom Gutsherren gezeigt, der Unkraut und Weizen bis zur Ernte miteinander auf dem Feld wachsen läßt. Gott, der Vater, läßt die Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte (Mt 5, 45); er wird aber auch in einem letzten Gericht für Gerechtigkeit sorgen und den Menschen nach ihren Werken, nach ihrem Verhalten zu den Hungrigen und Notleidenden, die Konsequenzen ihres Lebens spüren lassen.
Passion und Ostern Das enge Verhältnis Jesu zu seinem Vater kommt immer wieder auch in seiner Leidensgeschichte und in den Auferstehungsberichten zur Sprache. Jesus bittet seinen Vater am Ölberg, daß er den bitteren Kelch des Leidens an ihm vorübergehen lassen möge. Wenn es aber nicht anders gehe, so geschehe der Wille des Vaters, betet Jesus (Mt 26, 42). Bei der Kreuzigung bittet er für seine Henker: „Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun. “ (Lk 23, 34) In der bittersten Stunde am Kreuz schreit Jesus (Mt 27, 46) auf: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen.“ Er stirbt mit den Worten: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ (Lk 23, 46). Dieser Gott und Vater, so predigen die Jünger in der Apostelgeschichte, hat seinen Sohn nicht im Totenreich gelassen, sondern zu neuem Leben erweckt und vielen Zeugen lebendig erfahren lassen. Jesus ist nun in der Herrlichkeit des Vaters. Er schenkt uns Zugang zum Vater. Er läßt auch uns beten „Unser Vater im Himmel“.