Das Geld liegt auf der Straße – Pfarre St. Anna, Steyr
Die Müllmenschen von Steyr kaufen Traktoren
Ausgabe: 1999/29, MIVA, Geld, Steyr, St. Anna
20.07.1999 - Walter Achleitner
In der Pfarre St. Anna in Steyr sammelt eine Gruppe seit 23 Jahren Müll und hilft damit Menschen in Afrika.
117 Tonnen Bruchglas haben die „Müllmenschen“ der Pfarre St. Anna in Steyr 1998 gesammelt. „Es war jedoch nicht unser bestes Jahr“, meint Sr. Roswitha Karrer. Doch mit dem Gesamtergebnis sind die rund 30 Mitglieder der Gruppe zufrieden. „Wir haben den 13. Traktor gekauft und den 14. schon fast in der Tasche.“
Als Protest gegen die Wegwerfgesellschaft hat die Gruppe 1976 damit begonnen, den täglichen Müll in bare Münze umzusetzen. „Wir waren betroffen, daß bei uns soviel weggeworfen wird, auf der anderen Seite der Welt jedoch Not und Elend herrscht“, erzählt die Barmherzige Schwester. Mit der Einsicht, „daß bei uns das Geld auf der Straße liegt“ – wie es eine Frau in der Runde ausgedrückt hatte –, war die Idee zum Müllsammeln geboren.
Nach 23 Jahren hat sich die Gruppe, vorwiegend sind es ältere Menschen die nicht mehr berufstätig sind, zu Spezialisten in Sachen Wiederverwertung entwickelt. Um Flaschen nicht nur einmal zu verwenden, wurden Kontakte zu Most- und Weinbauern sowie Schnapsbrennern aufgebaut. 1998 wurden damit an die 65.000 Flaschen „vermittelt“ und 75.000 Schilling für das Traktorenkonto gesammelt.
Stolz ist Sr. Roswitha vor allem auf den enormen Aluminiumberg (1,57 Tonnen), der im vergangenen Jahr nicht nur gesammlt, sondern vor allem aussortiert wurde. Und nach dem Wegfall von Altpapier – das Sammeln von sechs Tonnen wöchentlich war nach dem Preisverfall 1990 unrentabel geworden – haben sich die Müllsortierer auf die Wiederverwertung von Kartonagen (1998: 43.220 Stück) sowie Verpackungsflocken spezialisiert.
„Wenn wir unseren Partnern erzählen, wie sie zu ihren Traktoren kommen, dann ist das für sie unvorstellbar“, erzählt die Ordensfrau lachend. Bruder Sabas Mdee erhält den 13. Traktor samt Pflug und Egge für den Einsatz in fünf Gemeinden in Tansania. Er schrieb: „Die Arbeit, die Ihr in Steyr leistet, ist völlig neu für uns. So weit sind wir noch nicht.“ Und Sr. Roswitha antwortete: „Gott sei Dank, daß Ihr noch nicht so viel Müll produziert!“