29.02.2000 - Kirchenzeitung der Diözese Linz, Nora Bösch
Die Hektik und der Lärm des Alltags lässt uns meist wenig Zeit, zu uns selbst zu finden. Unsere Reihe zur Fastenzeit „Zu Gott – mit allen Sinnen“ lädt ab kommender Woche dazu ein.
Ignatius, der Gründer der Jesuiten und „Erfinder“ der „Exerzitien“ hat dafür wertvolle Tipps parat. Besonders wichtig ist ihm Wachsamkeit. Es geht darum, die Menschen und alles, was uns begegnet, mit wachen Sinnen und wachem Herzen wahrzunehmen. So wird es möglich, Gott in allen Dingen zu suchen und zu finden. Günter, der das bei „Exerzitien im Alltag“ probiert hat, sagt: „Ich bin viel aufmerksamer geworden, kann die Schönheit der Natur mehr wahrnehmen und habe einen anderen Zugang zu den Menschen gefunden.“Großen Wert legte Ignatius auf den Tagesrückblick. Er riet jungen Leuten, die wegen ihrer Studien zu wenig Zeit für Betrachtung fanden, dass sie alles streichen könnten, nur nicht den Tagesrückblick. Denn darin zeigt sich sozusagen der rote Faden durch das Leben, das Mitgehen Gottes durch den Alltag. Auch Anna hat das bei Alltagsexerzitien erfahren: „Das verbindet sich gut mit dem Abendgebet. Jetzt weiß ich, wie ich mit meinen Enkeln beten kann – wir schauen einfach noch einmal den Tag an, was er uns geschenkt hat. Dann danken wir Gott dafür.“
Mit allen Sinnen
Um ein bewusstes Erfahren aller Sinne geht es in unserer Reihe ab dem 1. Fastensonntag: - Hören. Ein inneres Still-werden kann helfen, die leise Stimme Gottes zu vernehmen. - Sehen. Offene Augen für die Schönheit der Natur, für das Wunder des Lebens, oder dass jemand meine Nähe sucht... - Riechen. Den Duft des Regens, einer Rose verspüren, oder wie duftet das Öl, mit dem Marta Jesus salbt? - Schmecken. Vom fast food zum slow food, ein Stück Brot essen genießen... - Reden und handeln. Stimmt das, was ich rede, mit meinem Tun überein?
Tipps für Mutige
Ein Raum und Zeit der Stille
Ein Raum und Zeit der StilleWagen Sie den Versuch, die Fastenzeit heuer als eine Zeit des Aufatmens und des Auftankens zu nützen. Dazu ein paar Tipps.
- Versuchen Sie, jeden Tag eine Zeit der Stille zu finden. Es kann hilfreich sein, wenn es immer um die gleiche Zeit ist. Dabei ist die Regelmäßigkeit wichtiger als die Dauer. Sie könnten sich fragen: Wieviel Zeit kann ich jeden Tag finden? - Richten Sie sich für diese Zeit einen Ort her, an dem Sie gut zur Stille kommen können. Eine Kerze, ein Bild, ein paar Blumen helfen vielleicht, die Atmosphäre dafür zu schaffen. - Versuchen Sie, Störquellen für diese Zeit auszuschalten: Suchen Sie eine ruhige Zeit des Tages, sprechen Sie sich mit MitbewohnerInnen ab, gehen Sie einmal nicht zum Telefon oder zur Haustür. Es soll eine Zeit nur für Sie und Ihre Beziehung zu Gott sein. - Wenn Sie starke Ablenkungen spüren, dann legen Sie sich ein Blatt hin, auf das Sie Wichtiges aufschreiben können, um es dann – für den Moment – vergessen zu können. Lassen Sie die Gedanken, die Sie ablenken, an sich vorüberziehen. - Versuchen Sie wenigstens einen kleinen Rückblick auf den Tag – es muss nicht immer am Abend sein! Rufen Sie sich Menschen und Ereignisse ins Gedächtnis und bitten Sie Gott, dass er Ihren Tag so „absegnet“, wie er war. - Bleiben Sie dran! Üben heißt nicht, immer alles „richtig“ zu machen!
Mitten in mir
Ich schließe die Augen Und atme Ruhe, ich schließe den Mund und atme Schweigen, ich schließe die Ohren und atme Stille. Ich horche nach innen zur Mitte. Ich hole mich ein.
Mitten in mir liegt, was ich suche: Freude an dem, was ich bin, Mut zu dem, was ich könnte, Gedanken an alles, was war, ein Lachen für heute, Hoffnung für morgen. Mitten in mir lässt er sich finden: Sinn für mein Leben.