„In d’Freistadt“Die Stadt als Magnet für das Umland – auch was Kirche betrifft
Ausgabe: 2000/15, Freistadt
11.04.2000 - Judith Moser
Aus den Gemeinden im Umland fahren viele Menschen für Besorgungen „in d’Freistadt“. – Auch die Pfarre merkt bei ihrem spirituellen Angebot „Besucher/innen“.
Viele Menschen der Umgebung kommen einfach deshalb, weil sie das breite Angebot an Gottesdiensten nutzen, etwa die Abendmesse am Sonntag oder die sogenannte „Hausfrauenmesse“ am Donnerstag vormittag, die immer an die 200 Menschen mitfeiern! Ein weiterer Grund ist sicher, dass sich viele Menschen in den Gottesdiensten „daheim“ fühlen.
Einladung an alle
Die Pfarre ist bekannt dafür, dass geschiedene Wiederverheiratete willkommen sind oder dass sich die Kinder bei den monatlichen Familien-Gottesdiensten ernst genommen fühlen – nicht zuletzt, weil auch Kinder, die noch nicht bei der Erstkommunion waren, statt der Kommunion ein Stück Brot bekommen. Gerade die Einladung an geschiedene Wiederverheiratete sorgt aber auch für Diskussionsstoff über die Pfarre hinaus.
Die meisten Besucher/innen hat die Pfarre Freistadt beim Erntedankfest mit Gottesdienst in der Versteigerungshalle. „Anfangs hat mich das gestört, dass der Erntedank-Gottesdienst in der ‘Stierhalle’ gefeiert wird“, gibt Kurat Engelbert Schöffl zu. Inzwischen ist auch er davon überzeugt, dass die Versteigerungshalle ein schöner Rahmen für den Gottesdienst sein kann. Nach der Messe bleiben die Besucher/innen noch zum gemütlichen „Ausklang“, der mehr „einem Frühschoppen als einer Agape“ gleicht, so Pfarrer Franz Mayrhofer.Eine große Agape gibt es allerdings nach der Fronleichnamsprozession, welche die Gläubigen zum Altenheim führt.
Neue Pfarrmitglieder
Offenheit leben nicht nur die drei Geistlichen (Pfarrer Mag. Franz Mayrhofer, Kaplan Mag. Manfred Wageneder und Kurat Dr. Engelbert Schöffl), sondern auch die Pfarrmitglieder: So werden zum Beispiel Neu-Zugezogene von Mitgliedern des Integrationsausschusses mit einem „Begrüßungspaket“ in der Pfarre willkommen geheißen.
Ein weiteres Beispiel ist die Betreuung von 56 Menschen, die 1992 als Flüchtlinge aus Bosnien nach Freistadt gekommen waren. Etwa 30 davon haben Wohnung und Arbeit gefunden und leben inzwischen hier. Eine „Sorgen-Familie“ wird besonders betreut.
Steckbrief
Freistadt gehörte ursprünglich zur Pfarre Neumarkt, war aber bereits im 13. Jh. eine eigene Pfarre und seit dem 15. Jh. Sitz des Dekanates.Die Stadt wurde von den Landesfürsten mit Privilegien ausgestattet, die den Grundstein für ihren raschen Aufstieg und den Reichtum der Bürger legten. Neben den Kirchen St. Peter, Liebfrauenkirche und St. Johannes galt die Liebe und Sorgfalt der Bürger/innen der Pfarr- und Stadtkirche St. Katharina, dem „Katharinenmünster“. Die 1288 erstmals urkundlich erwähnte Kirche war ursprünglich eine dreischiffige flachgedeckte spätromanische-frühgotische Basilika. Im 15. und 16. Jh. wurden zwei Seitenschiffe angebaut – die Kirche ist die einzige fünfschiffige Basilika Österreichs!Ihre herausragende kunsthistorische Bedeutung erhielt sie mit dem Bau des Ostchores 1483 bis 1501 unter dem Freistädter Baumeister Mathes Klayndl. Mit dem Schlingrippengewölbe und den hohen Maßwerkfenstern war damit der Höhepunkt der Gotik in Freistadt erreicht. Der baufällige gotische Kirchturm wurde 1736/37 nach Plänen des oö. Barockbaumeister Johann Michael Prunner umgebaut.Nach der Regotisierung 1967/68 und der Renovierung 1988 zeigt sich die Stadtpfarrkirche als großartige Symbiose von Gotik und Barock.
Sorgen einer Pfarre
Drei Kirchen zu erhalten, Jugend lässt nach
Die Stadtpfarre Freistadt muss für drei Kirchen aufkommen, doch Sorgen machen nicht nur die Finanzen.Neben der Stadtpfarrkirche muss die Pfarre die Liebfrauenkirche und die Kirche St. Peter erhalten. St. Peter liegt in der politischen Gemeinde Waldburg. Für die Menschen dort ist die Kirche sehr wichtig. So führt etwa die Freiwillige Feuerwehr St. Peter Aktionen für die Erhaltung durch. Die Liebfrauenkirche wird von den Schulschwestern (s. Kasten) betreut. Die vierte und älteste Kirche in der Pfarre, die Johanneskirche, ist im Besitz der Stadtgemeinde. Die Pfarre muss außerdem für zwei Friedhöfe (Freistadt und St. Peter) aufkommen. Für die drei Pfarrcaritas-Kindergärten gibt es öffentliche Unterstützung.
Ein jahrelanger Wunsch der Pfarre ist der Bau einer Orgel. Das ehrgeizige Ziel ist es, die nötigen 5,5 Millionen Schilling frei finanzieren zu können. Das 1999 gegründete Orgelkomitee ist zuversichtlich, das zu schaffen.
Junge machen Sorgen
Die Arbeit mit Kindern funktioniert in Freistadt gut. Drei Jungschargruppen kommen regelmäßig zusammen, die Kinder beteiligen sich an der Sternsingeraktion und sind beim Jungscharlager dabei. Einer der Höhepunkte ist das „Übernachten im Pfarrhof“. Die Firmlinge werden in Projekten auf die Firmung vorbereitet. Die Homepage der Pfarre ist etwa so entstanden. Eine Jugend-Gruppe, die regelmäßig zusammenkommt, gibt es in Freistadt nicht. Die Pfarre betreibt mit der Stadt das offene Jugendzentrum „Speicher“.
Katholische Schulen in Freistadt
Die Schulen in Freistadt sind für das Umland sehr wichtig. Zwei katholische Orden leisten einen wesentlichen Beitrag dazu.Das Marianum, eine katholische Privathauptschule, besteht seit 100 Jahren. Die Marianisten als Schulleiter werden das Jubiläum heuer auch gebührend feiern. Der Gemeinschaft gehören zur Zeit sechs Brüder an. Im laufenden Unterrichtsjahr werden 337 Schüler/innen in 13 Klassen unterrichtet. 38 Lehrer/innen bemühen sich in Zusammenarbeit mit dem Elternhaus um eine „gediegene Bildung und Erziehung der Schüler/innen nach christlichen Grundwerten“. Neben dem Schulalltag werden besondere Akzente gesetzt: etwa mit ansprechenden Schulgottesdiensten, Projektwochen und Projekten, dem jährlichen Schulball, einer Theatergruppe und einem Kreativkurs, zwei Integrationsklassen, Informatik oder Sport mit Schwerpunkt Faustball (Marianum, St.-Peter-Str. 2, 4240 Freistadt, Tel: 07942/722 29, Fax: 16, E-Mail: hs.marianum@eduhi.at ; Homepage:.www.eduhi.at/schule/marianum.freistadt
Auf eine lange Tradition schauen auch die Schulschwestern v. U. Lieben Frau zurück. Die bayrische Gründerin der Gemeinschaft, die selige Mar. Theresia von Jesu Gerhardinger, hat 1853 selbst die erste Filiale der Schulschwestern in Freistadt eröffnet. Derzeit gibt es einen dreigruppigen Kindergarten und eine berufsbildende Schule. In einer Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe (fünf-jährig), einer dreijährigen Fachschule und einer einjährigen Wirtschaftsfachschule wird ein umfassendes Bildungsprogramm für Mädchen und Burschen angeboten. (Schulschwestern v. U. L. Frau, Klosterbergl 2, Tel. 07942/722 41, Fax: DW 40).
Vorbild im Sozialen
Die Pfarre, besser der Ausschuss soziale Dienste, war maßgeblich an der Gründung des Sozialservice in Freistadt beteiligt. In einem einmaligen Projekt in Österreich haben sich Pfarrcaritas, Rotes Kreuz und Volkshilfe zusammengeschlossen, um etwas gegen Armut zu tun. 1999 wurde es zum Pilotprojekt für das neue Sozialhilfegesetz. In einer Studie wurde zuvor der Bedarf für eine Koordinierungsstelle erhoben. Inzwischen bietet das Sozialservice seine Hilfe im Gerichtsbezirk Freistadt an.
Pfarrsplitter
Mesnerleut Wenn die Ministrantinnen und Ministranten nicht weiterwissen, wenden sie sich an die „Mesnerleut’“, die ihren „Spatzerln“ mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das Ehepaar Reindl ist seit 1996 „absolut verlässlich“, wie alle Aktiven in der Pfarre bestätigen, für die Kirche da. Von den Ministranten bis zu Organisten kümmert es sich um alles, was so anfällt.
Eine Welt Seit 1978 gibt es in Freistadt eine „Eine-Welt-Gruppe“ (früher „Dritte-Welt-Gruppe“), die vor allem die Probleme der Südländer bewusst machen möchte. Die Mitglieder bieten jeden ersten Sonntag im Monat nach allen Messen fair gehandelte Produkte auf einem Stand vor der Kirche zum Kauf an. Eine Selbstbesteuerungsgruppe unterstützt konkrete Projekte. Im Herbst, nach dem Erntedankfest, gestaltet die Gruppe einen Gemeinde-Gottesdienst.
Homepage Die Pfarre Freistadt ist mit einer Homepage im Internet vertreten. Die Adresse: www.dioezese-linz.or.at/pfarren/freistadt . Neben aktuellen Terminen kann man sich dort „Miteinander“, die Zeitung der Pfarre, anschauen. Diese erscheint vier- bis fünfmal jährlich und ist jeweils einem Thema gewidmet. Zur letzten (zum Thema Sonntag) wird gerade eine Befragung in der Pfarre durchgeführt.
Lesenacht Ein dreiköpfiges Team kümmert sich um die Pfarrbücherei, die dreimal wöchentlich geöffnet ist. Neben dem „normalen“ Betrieb gibt es Aktion wie Spielenachmittage für Kinder im Winter und eine Lesenacht für Erwachsene im Sommer, die bisher zweimal stattgefunden hat. Das Bücherei-Team beteiligt sich auch an den Literaturtagen der Stadtgemeinde Freistadt.