Donau prägt den Ort. Wesenufer: Einst wichtiger Umschlagplatz, heute Erholungsparadies
Ausgabe: 2000/18, Wesenufer
02.05.2000 - Matthäus Fellinger
Die Donau brachte einst Brot, vielen auch den Tod. Eine der kleinsten Pfarren Oberösterreichs liegt in einem herrlichen Naturparadies.
Im „Domhotel“ findet das Treffen mit der Kirchenzeitung statt. So nennt man in Wesenufer den Gasthof gleich neben der Kirche. Weil eine kleine Pfarre nicht alles selber haben kann, dient die Gaststätte auch gleich als Pfarrheim. Hier treffen sich die Pfarrgemeinderäte zu den Sitzungen. In einem kleinen Ort muss man noch enger zusammenrücken, wenn man alles bewerkstelligen soll, was man von einer Pfarre erwarten kann. In den letzten Jahren haben die Pfarrbewohner/innen vieles leisten müssen. Der kleine Markt im Donautal ist nicht mehr jener Umschlagplatz, der er in der Zeit war, als den Schiffern von Wesenufer das Transport recht auf der Donau bis nach Passau hinauf zustand, ehe der „Wirt von Schlögen“ und die Engelhartszeller Schiffsleute unliebsame Konkurrenz machten. Die Donau brachte damals den Bewohnern von Wesenufer „Brot und Tod“. Vor allem durch die Schlögener Schlinge verlangte die gefährliche Fahrt auf den einfachen Schiffen Kraft und Geschick. Die Älteren wissen davon noch zu berichten.
Erst in jüngster Zeit haben die Schiffer einen Verein gegründet, der an diese Tradition erinnert. Auch Pfarrer Wolfgang Renoldner ist stolz, zum Verein der Schiffer zu gehören. Sie sollen künftig den „vierten Altar“ zur Fronleichnamsprozession gestalten, für den früher die Brauereileute zuständig waren. Die Brauerei mit über 50 Arbeitsplätzen war der wichtigste Arbeitgeber im Ort. 1997 musste sie endgültig die Tore schließen. Die meisten verdienen heute als Pendler ihr Geld. Die Schiffer wiederum haben heute eher mit der Freizeitschiffahrt zu tun. Ein Campingplatz und Sportmöglichkeiten bieten Gelegenheit dazu. Einer der schönsten Abschnitte auf dem Donau-Fahrradweg bringt viele Gäste vorbei in diesen wunderbaren Erholungsraum.
Steckbrief
Neben Aschach und Linz ist Wesen – später „Wesenurfahr“ einer der drei ältesten Donauorte Oberösterreichs, schreibt Gerhard Hartmann in seiner „Geschichte des Marktes Wesenufer“. „Wesen“ birgt das heutige Wort „Wiese“ in sich. Statt „Ufer“ hat es ursprünglich „Urfahr“ geheißen, denn hier bot sich die Möglichkeit einer Überfahrt über die Donau. Heute ist Wesenufer mit 261 Katholiken die fünftkleinste oberösterreichische Pfarre. Schon in der jüngeren Steinzeit war das Donautal an dieser Stelle besiedelt, wie Funde zeigen. Die Römer haben hier die Schifffahrt betrieben. Über Jahrhunderte prägte der Donaustrom das Leben der von Bayern her besiedelten Gegend. Trotz der geschichtlichen Bedeutung – kirchlich war Wesenufer lange nur Filialkirche. Der Pfarrer von Waldkirchen hatte hier ursprünglich jeweils mittwochs eine Messe zu lesen, später gab es alle zwei Wochen am Sonntag eine Messe. Erst im Jahr 1853 wurde Wesenufer Pfarrexpositur und erhielt einen eigenen Seelsorger. Auf Grund einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erhielt Wesenufer 1888 den Status einer eigenen Pfarre. Mit großem Einsatz haben die Bewohner des Donaumarktes die Pfarre auch entsprechend ausgestattet.
Wie bei nur 261 Katholiken eine Pfarre lebendig bleibt
Keineswegs abgelegen fühlen sich die Bewohner Wesenufers im Donautal. Der kleine Markt ist geprägt von einem außergewöhnlichen Zusammengehörigkeitsgefühl.
„Wir sind eine gute Gesellschaft“, charakterisiert der Finanzchef der Pfarre, Josef Sturm, den Zusammenhalt in der Pfarre. Pfarrer Wolfgang Renoldner drückt dasselbe theologisch aus: „Geschwisterliche Kirche“ erlebt er hier in Wesenufer. Jeden Mittwoch und Sonntag feiert der in Waldkirchen wohnende Seelsorger in Wesenufer Gottesdienst.Ohne Zusammenhalt ließe sich ein Pfarrleben in einer so kleinen Pfarre gar nicht gestalten. So gut es geht, helfen die Leute zusammen, Parteigrenzen spielen da keine Rolle. Und weil die in einem Ort notwendigen und wichtigen Vereine ebenso Leute brauchen, Musik, Feuerwehr und Sportverein sind die „Hauptvereine“ im Ort, ist man um jeden und jede froh, die mitmacht.
Da ist es schon beachtlich, wenn es etwa dem Leiter des Fachausschusses Pfarrliche Realitäten, Siegfried Öttl, gelungen ist, in den letzten Jahren einen Kirchenchor neu auf die Beine zu stellen. Zu tun gab es in den letzten Jahren für ihn mehr als genug. Der alte Pfarrhof wurde „in einen würdigen Zustand“ versetzt, die Kirche samt Orgel hat man innen komplett restauriert, der Platz wurde gepflastert und vieles mehr. Öttl selbst hat dabei persönlich über 1000 Arbeitsstunden geleistet, viele haben mitgeholfen. Bei einer Sammlung haben die Leute 340.000 Schilling für die Baumaßnahmen gespendet. „Über vieles spricht man gar nicht, weil es selbstverständlich ist“, meint Elfriede Ratzenböck. Sie hat zum Beispiel zuletzt alle Altartücher hergerichtet, die Ministrantengewänder samt den zum Stil der Kirche passenden Kragerln neu genäht. Wenn man schon die Kirche so schön restauriert hat, soll auch das Übrige stimmen, meint sie.
Keine Katholische Aktion
Da gibt es in der Pfarre auch den „Fachausschuss Mitmensch“. Seine Mitglieder kümmern sich um die unterschiedlichsten Nöte im Ort. Doch nicht in allem lässt sich die kirchliche Grundstruktur in einer so kleinen Pfarre umsetzen. So gibt es in Wesenufer keine Gliederungen der Katholischen Aktion. Pfarrer Renoldner steht zu dieser Tatsache: Die Leute sind ohnehin so viel im Einsatz, mehr als in größeren Pfarren, wo sich die Aufgaben auf viel mehr Leute verteilen. Den Druck, zusätzlich Strukturen aufrecht erhalten zu wollen, möchte er seinen Leuten ersparen. Der Obmann des Pfarrgemeinderates, Briefträger Johann Dornetshumer, ist trotz des großen Einsatzes der Leute besorgt, ob auch in Zukunft genug junge Menschen nachrücken, die sich um die Kirche annehmen. Die Kinder gehen auswärts in die Schulen. Da ist es wichtig, dass die Pfarre etwa durch die gute Gestaltung der Liturgie attraktiv bleibt. Und man muss sehr froh sein, wenn sich junge Leute finden wie Manfred Haselböck als Organist.
Pfarrsplitter
Bräukapelle
Einen Rosenkranz weit entfernt von der Kirche, schon im Wald gelegen, liegt die „Bräukapelle“. Heuer am 15. August wird das 100-jährige Bestehen gefeiert, in anderen Jahren führt jeweils um Christi Himmelfahrt eine Prozession zu dieser dem Volk sehr am Herzen liegenden Kapelle.
Die Wolfgang-Kirche
Die Pfarre ist zwar erst wenig über hundert Jahre alt, doch schon im 12. Jahrhundert stand hier eine Wolfgang-Kapelle. In der sehr ansprechenden Atmosphäre der kleinen Kirche richtet daher ein Wolfgang-Altar die Blicke auf sich.