Pfarre als offener RaumEberschwang hat sich in besonderer Weise geöffnet und Beispiel gegeben
Ausgabe: 2000/40, Ebeschwang
03.10.2000 - Ernst Gansinger
Seelsorgliche Impulse und viele originelle Ideen – das ist die Pfarre Eberschwang.
Um Pfarrer und Dechant Mag. Stefan Enzenhofer sowie Pastoralassistentin Marianne Pichlmann hat sich ein Pfarrteam geformt, das seelsorgliche Impulse setzt und originelle Ideen einbringt, die Pfarre zu öffnen. Die Diözese Linz hat vor einem Jahr das mehrjährige Projekt „Geöffnet“ begonnen. „Heilige Orte“ ist dazu der heurige Schwerpunkt. Ein Schwerpunkt, für den Eberschwang schon Ungewöhnliches vorgezeigt hat: Unter dem Motto „Raum Licht Klang“ lenkten an einem Sonntag in der letzten Fastenzeit kreative Pfarrmitarbeiter/innen mit besonderen Lichteffekten das Augenmerk der Kirchenbesucher auf Kostbarkeiten in der Kirche. Texte und Musik komplettierten die ungewöhnliche Abend-Inszenierung.Mit zwölf Jahren kam man hierzulande vor nicht allzu langer Zeit ins Firmalter. Es gab Bemühungen, das Firmalter hinaufzusetzen. Doch auf siebzehn Jahre – einen so großen Schritt wagten nur zwei Pfarren, Eberschwang war eine davon. Damals ging’s auch im Pfarrgemeinderat heiß her, als dies zu entscheiden war. Befürworter und Gegner hatten viele Argumente. Der Bischof erlaubte das Experiment in Eberschwang. Und heute sagen auch die Skeptiker von einst: Es ist gut, das Firmalter so stark angehoben zu haben. Seit vier Jahren ist nun diese Regelung in Kraft. Und fast alle der Firmkandidatinnen und -kandidaten lassen sich auch firmen. Firmlinge der Jahrgänge 1998 und 1999 haben sich zudem für die Firmvorbereitung heuier gemeldet. „Es ist ganz was Schönes. Den Erwachsenen gefällt’s“, sagt die Religionslehrerin Berta Rader. „Den Firmlingen gefällt’s auch“, ergänzt Josef Reichard. Und Pfarrer Enzenhofer unterstreicht, dass man den Firmlingen so für ihr Leben mehr mitgeben kann. „Mit 17 haben die jungen Leute so viele Probleme; da mit ihnen reden, das tut ihnen gut.“ Auch die Erwachsenen, die im Rahmen des Firmunterrichts zu den Gruppen gehen und über ihr vom Glauben geprägtes Leben erzählen, sind von der Richtigkeit der Hebung des Firmalters überzeugt: Mit Siebzehnjährigen gelingen viel tiefere Gespräche als mit Dreizehn- oder Vierzehnjährigen.
Steckbrief
Eberschwang liegt am Hausruck, und doch hat man nicht den Eindruck, dass der Wald den Ort prägt wie manch andere Gemeinde. Eher ist Eberschwang, im Osten des Bezirkes Ried gelegen, wie eine offene Geste ins Hügelland des Innviertels. Der Hausruck im Rücken spielt dabei nicht nur eine landschaftlich wunderschöne Rolle, sondern sorgt auch für eine deutliche Trennlinie: Die Eberschwanger Bürger sind „waschechte“ Innviertler. Mit den beiden Burschenschaften und insgesamt 50 Vereinen lebt der Ort diese Innviertler Lebensfreude in besonderer Weise. Pfarre, Gemeinde und Vereine schätzen einander in der jeweils eigenen Rolle. Mit einer Fläche von mehr als 4.000 Hektar ist Eberschwang die größte Pfarre des Dekanates Ried. Sie zählt 1250 Haushalte, 350 davon sind Ein-Personen-Haushalte. Es gibt derzeit drei größere Firmen (jeweils mit mehr als 100 Beschäftigten) und insgesamt etwa 80 Arbeitsstätten. Dennoch müssen etwa 40 % der Arbeitnehmer pendeln. Die Nahversorgung ist noch intakt; auch gibt es immerhin noch 70 bäuerliche Haupterwerbs- sowie 160 Nebenerwerbsbetriebe. Die Volks- und Hauptschule besuchen 420 Kinder, 100 Kinder gehen in den Caritas-Kindergarten.
Worte, die wohl tun
Schwerpunkt Liturgie
Jede Pfarre hat eine eigene Prägung. Welche hat Eberschwang? Was macht ihre Besonderheit aus?
Man kann dazu von unterschiedlichen Pfarrmitgliedern viele Antworten erhalten, doch eine zieht sich durch wie ein roter Faden: Eberschwang hat sehr gut vorbereitete und besonders gestaltete Gottesdienste mit sorgfältig ausgewählten Texten. – Die Feier der Liturgie ist ein Schwerpunkt der Pfarre und ihres Pfarrers Mag. Stefan Enzenhofer. Die Begabung von Pastoralassistentin Marianne Pichlmann für tiefgehende Texte prägt diese Bild der Pfarre in besonderer Weise mit. „Es ist ein Glück, dass auch Marianne bei uns ist“, sagt Pfarrgemeinderats-Vorsitzender Johann Rohringer. Wenn der Pfarrer verhindert ist, leitet sie Begräbnisse und sonntägliche Wortgottesdienste. Ihr Talent für die richtigen Worte und ansprechenden Texte kommt auch der Diözese zugute: Im Behelfsdienst des Pastoralamtes liegen von ihr redigierte Hefte für Bußfeiern und Frauenmessen auf. Ebenso sind in einem Buch Texte zu Totenwachen gebunden, die in Eberschwang gehalten wurden. Es sind Hilfen, Worte dort zu finden, wo Sprachlosigkeit viele lähmt: Wenn ein Kind stirbt, wenn jemand plötzlich stirbt, wenn eine junge Mutter bei einem Unfall zu Tode kommt ... Bußfeiern, ein fast immer geöffnetes Pfarrheim und die Einladung, in den Pfarrhof zu kommen, der Krankenbesuchsdienst, Altennachmittage, Frühstücksrunden für alte Leute, eine Gruppe für pflegende Angehörige und die Tatsache, dass lange Zeit Flüchtlinge im Pfarrheim Quartier hatten – das alles gehört auch ganz wesentlich zum Bild der Pfarre Eberschwang. Dass auch viel gebaut wurde, ist bei einer aktiven Pfarre fast selbstverständlich. Pfarrhof, Kindergarten (der seit heuer Mittagsbetrieb dank „Essen auf Rädern“ hat), Friedhof, Mesnerhaus und die Kirche innen wurden in den letzten 15 Jahren renoviert. 35 Millionen Schilling mussten dafür aufgebracht werden.
Kinder, Jugendliche und Senioren
Bis zum vierzehnten Lebensjahr etwa sind die Buben als Ministranten aktiv, die Mädchen sind in der Jungschar. Höhepunkt dieser Angebote für Kinder sind das Zeltlager für die Buben und das Lager für die Mädchen unter festem Dach. Auch heuer hatten die insgesamt knapp 140 Kindern trotz schlechtem Wetter wieder tolle Laune. Die in den letzten fünfzehn Jahren erworbene Lagerausrüstung half, sich vom Wetter nichts vermiesen zu lassen. Die Jugend hat keine Gruppe. Erst in den Erwachsenengruppen – Beispiel Frauenbewegung – sind die Menschen wieder kirchlich organisiert. Darin unterscheidet sich Eberschwang von anderen Pfarren nicht.
Pfarrsplitter
Frauenbewegung
Die Katholische Frauenbewegung (KFB) hat 160 Mitglieder. Zwei funktionierende Mütterrunden, eine Frauen-Rhythmusgruppe, eine Tanzgruppe – das sind neue Aufbrüche in der KFB, deren Bild sich dem gesellschaftlichen Wandel entsprechend ebenfalls verändert.
Vereine
Etwa 50 Vereine sind in Eberschwang aktiv. Die Pfarre sieht darin keine Konkurrenz. Man ist glücklich über ein gutes Klima der Gemeinschaft, bei dem man sich auch gegenseitig aushilft und achtet.
Organist
Seit 50 Jahren ist Adolf Probst in Eberschwang Organist. Schon vorher orgelte er in seiner Herkunftspfarre. Insgesamt an die 35.000 Gottesdienste begleitete er bisher. Auch drei Nachwuchs-Organisten stehen Eberschwang zur Verfügung.
Kirchenbesuch
Der Kirchenbesuch ist auch in Eberschwang rückläufig. Doch zum Gemeindegottesdienst am Sonntag um halb zehn Uhr kommen auch sehr viele junge Leute. Pfarrer Enzenhofer schätzt die Kirchlichkeit der Menschen – nicht nur in seiner Pfarre so ein: „Es ist offener und lebendiger geworden. Es ist nicht mehr so abgegrenzt: da die Kirchenbesucher, dort die anderen. Es sind die Frommen nicht mehr so fromm, aber es sind auch die Fernstehenden nicht mehr so fernstehend.