Zu den Leuten gehen. Kinder, Jugend, Erwachsene – alle bringen ein Stück Kirche in die Häuser
Ausgabe: 2000/46, Frankenburg
14.11.2000 - Ernst Gansinger
Leben braucht Orte; pfarrliches Leben hat zentrale Orte – Kirche, Pfarrheim, Pfarrhaus ... Aber es ist auch wichtig, hinauszugehen, zu den Menschen.
Frankenburg hat sich in besonderer Weise diesem Zu-den-Leuten-Gehen verschrieben: Jungscharkinder besuchen rund um den Tag der Alten etwa 70 Senioren. Die Pfarre ist in etwa 100 Sprengel unterteilt, jeder von ihnen wird durch Caritashelfer/innen betreut, die auch die Haussammlung durchführen. Zehn ausgebildete erwachsene Nikoläuse besuchen mehr als 110 Häuser. 60 bis 70 Kinder sind mit 13 Begleiter/innen beim Sternsingen unterwegs. Die Mitglieder des Pfarrgemeinderates tragen in jedes Haus den Pfarrkalender. Die Ministranten gehen zu Ostern ratschen. Sie strömen auch in der Pfarre aus, um die diözesanen Jahrbücher zu verkaufen. (Frankenburg ist jene Pfarre unserer Diözese, die die meisten Jahrbücher unter die Pfarrbevölkerung bringt.)
Gemeinschaftspflege
Soviel Hingehen zu den Leuten (das Pfarrgebiet hat 60 km2!) hat auf der anderen Seite eine Entsprechung im gemeinschaftlichen Feiern. Besonders Bedacht wird auf die Feier der Liturgie genommen, aber auch gesellige Zusammenkünfte weiß man in Frankenburg zu gestalten. So kommt zum Pfarrfest die ganze Gemeinde. Die Vereine – von denen es in Frankenburg an die 60 gibt (alleine neun Feuerwehren!) – beteiligen sich am Pfarrleben, nicht nur zu Fronleichnam. So bereichern zum Beispiel die Goldhaubenfrauen das Erntedankfest und die Naturfreunde gestalten jährlich die Bergmesse. Abwechselnd kümmern sich Vereine an den Sonntagen um das Pfarrfrühstück.
Offenheit
Dies sind nur zwei der herausragenden Qualitäten, die das Erscheinungsbild der Pfarre prägen. Neben der großen Zahl derer, die auch durch Mitarbeit ihre Pfarrzugehörigkeit beweisen (200), ist die Ausstrahlung des Pfarrers ein weiteres Qualitätsmerkmal. Er geht auf die Menschen zu: Von den mehr als 5.000 Bewohner/innen seiner Pfarre kennt er fast alle, und umgekehrt. So ist es kein Wunder, dass den Pfarraktivisten zu ihrem Pfarrer diese Stichworte einfallen: offen, freundlich, jede Altersgruppe ansprechend, wohlgesetzte Worte bei den Predigten, beliebt ...
Steckbrief
Zu behaupten, Frankenburg sei ein Grenzort, wird Verwunderung ernten, liegt doch das Gebiet fast in der Mitte von Oberösterreich. Und doch: In der Nähe von Frankenburg verläuft die Grenze von Hausruck- und Kobernaußerwald. Jenseits des Hausrucks beginnt das Innviertel. In vergangenen Zeiten war der Landstrich umfehdetes Gebiet im Machtkampf der Herrschaftsgeschlechter und auch der Religionen. Erschütternder Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen war das Jahr 1625: Der Markt war überwiegend protestantisch, die kaiserliche Gewalt installierte einen katholischen Pfarrer. Die Bevölkerung lief dagegen Sturm, belagerte den dafür verantwortlichen Kaisertreuen Abraham Grienpacher im Schloss Zwiespalten. Graf von Herberstorff eilte zu Hilfe und ließ sich für die Aufständischen eine fürchterliche Strafe einfallen: Sie mussten um ihr Leben würfeln. 17 Menschen wurden hingerichtet. Seit 1925 wird alle zwei Jahre dieser geschichtlichen Tragödie gedacht.
Besuche von der Pfarre
Guter Draht zu alten und kranken Menschen
Ich war krank und einsam und ihr habt mich besucht ...Schon seit zwanzig Jahren besuchen die Jungscharkinder mit ihren Leiterinnen im November alte und kranke Menschen der Pfarre. Anlass ist der Tag der Senioren. Die Besuchsgruppen bringen mit einem Billett die Wünsche von Pfarrer und Pfarre sowie ein kleines Mitbringsel. „Sind einige, die besucht werden, sehr krank, gar bettlägrig? Sind die, die wir schon im Vorjahr besucht haben, noch so wohlauf, wie wir sie in Erinnerung haben?“ – Solche und ähnliche Gedanken gingen den Besuchenden durch den Kopf. In manchen Fällen wurde den Kindern nur zögerlich die Haustür aufgetan. Manche, die das erste Mal von den Kindern Besuch erhielten, waren sehr überrascht. Wieder andere warteten schon auf die Gäste und freuten sich sehr.
Laien gestalten Gottesdienst mit
Viele Gruppen übernehmen Vorbereitungsarbeiten für die Gestaltung der Gottesdienste. „Es ist sehr schön, dass uns der Pfarrer frei überlässt, was wir vorbereiten“, sagt der Obmann der Katholischen Männerbewegung, Horst Pixner. Einmal im Monat gestalten die Männer den Sonntagsgottesdienst. Einmal im Jahr gibt es eine Krankenmesse, zu der die Kamillianische Familie einlädt. Auch Familienmessen werden monatlich gestaltet. Schon seit langer Zeit gibt es Laien als Lektoren und Kommunionspender.Neun Personen haben eine Schulung für Wortgottesdienste besucht. Heuer im Sommer gab es an zwei Sonntagen statt der Messe einen Wortgottesdienst, was von der Pfarrgemeinde sehr gut angenommen wurde. Auch Bußgottesdienste haben guten Zuspruch.
Junge Kirche
Die Jungschar Frankenburg hat für jeden Jahrgang von der 3. Klasse Volksschule bis zur 4. Klasse Hauptschule eine eigene Gruppe. Regelmäßig kommen bis zu 70 Kinder. Zu den Aktivitäten gehören neben Ostergrußaktion, Fasching, Lager (letztes Jahr: 52 Kinder) auch die Teilnahme am EZA-Markt. Diese hohe Mitgliederzahl mag einen Grund darin haben, dass die allermeisten Frankenburger Schüler bis zur achten Schulstufe hier bleiben und die Hauptschule besuchen. Das ist gut für das Niveau der Hauptschule und gut für die außerschulischen Angebote, weil die Kinder am Ort sind. Schwierig wird es in der Jugend: „Wir schaffen den Übergang von der Jungschar zur Jugend nicht“, stellt Angela Doppler fest (womit sie ein Problem vieler Pfarren beschreibt).Dabei gäbe es für die Jugend einen offenen Jugendtreff – „FUNKY LIFE“ – im Pfarrheim. Jeden zweiten Sonntag ist am Abend Betrieb. Zwei Erwachsene kümmern sich darum. Doch hat dieser offene Betrieb auch Grenzen – das Kommen und Gehen erschwert die Kommunikation. Ist das der Grund, warum im vorigen Jahr der Treff sehr gut besucht war, aber heuer kaum jemand kommt?
Einladung: Jugendgottesdienst am Sonntag, 26. November, 9 Uhr, Pfarrkirche. Jugendliche gestalten für Jugendliche diesen Gottesdienst.
Pfarrsplitter
Haussammler
Ungefähr 100 Haussammler/innen hat die Pfarre. Heuer wurden 33 von ihnen für 25- bis 50-jährige Sammeltätigkeit geehrt.
Bücherei
Die Pfarrbücherei hat jeden Sonntag geöffnet. Auch der EZA-Markt ist in der Bücherei.
Kindergarten
Mehr als 100 Kinder besuchen in den fünf Gruppen den Ordenskindergarten der Franziskanerinnen von Vöcklabruck.
Frauen
300 Mitglieder hat die Kath. Frauenbewegung. Jung und Alt sind bei den Aktivitäten beisammen. Auch eine Missionsschwester wird unterstützt.
Wallfahrten
Wallfahrten mit fernen (Rom, Israel, Jordanien, Lourdes/ Paris) sowie nahen Zielen (zweimal im Jahr eine Fußwallfahrt nach Maria Schmolln) werden regelmäßig angeboten.
Pflegende Angehörige
Acht bis zehn pflegende Angehörige, manchmal bis zu fünfzehn, kommen bei den zweimonatlichen Treffen der Selbsthilfegruppe „Pflegende Angehörige“ zusammen. Sie stützen einander, lernen voneinander und tauschen ihre Erfahrungen aus.