Der Markt Windhaag bei Freistadt hat mit Abwanderung zu kämpfen
Ausgabe: 2001/14, Windhaag bei Freistadt
03.04.2001 - Matthäus Fellinger
Im letzten Jahrzehnt hat sich in der Grenzregion ein großer Wandel vollzogen.
Wenige Kilometer vor dem Ziel mischen sich ins Radioprogramm tschechische Töne. Windhaag bei Freistadt ist Grenzort – und trotzdem Kernland des Mühlviertels. Bauernhäuser mit den typischen Granitblöcken im Mauerwerk, mächtige Holzstöße vor den Häusern und an den Waldrändern. „Draußen“, sagt man in Windhaag, wenn man den Zentralraum um Linz meint. Tatsächlich sind viele nach draußen gezogen in den letzten Jahrzehnten. Es gibt neben der Landwirtschaft eben wenig Verdienstmöglichkeiten, daran kann auch die Förderung eines sanften Tourismus mit Langlauf-und Wandermöglichkeiten wenig ändern. Windhaag ist ein Ort mit Geschichte. Nicht umsonst hat die Museumstraße hier ihren Ausgangspunkt genommen. Das Waldhaus oder das Museum „Gewerbe am Fluss“ geben dem Heimatinteressierten viele Einblicke in diesen ehemaligen Wirtschaftsraum entlang des Felberbachs und der Maltsch. Wald und Hammerwerke haben früher zahlreichen Bewohnern Brot gegeben, heute müssen viele die eine Stunde Fahrt nach Linz auf sich nehmen. Erst in den letzte zehn Jahren vollzog sich dieser Wandel, da sind viele Bauern zu Nebenerwerbslandwirten geworden.
Religiös – so sieht es Pfarrer Mag. Josef Kramar – sind Kinder in Windhaag heute nicht anders als Kinder in Linz oder an sonst einem Ort. Die zunehmende Dis-tanz zur Kirche ist auch hier deutlich spübar. Wie Glaube daheim gelebt wird, so wird er an die Kinder weitergegeben.Elfriede Etzlstorfer ist Pfarrgemeinderats-Obfrau. Wie bei ihr daheim, so ist es in vielen Familien. Die ältere Tochter arbeitet in Linz, die mittlere besucht die Höhere Bundeslehranstalt in Freistadt, der Bub ist daheim und besucht die Volksschule.
Steckbrief:
Ein „Haag“, das ist ein umfriedeter Ort. In der letzten Rodungswelle wurde das Gebiet nördlich von Freistadt um 1300 von St. Florian aus erschlossen. Der Markt Windhaag entstand. Erst vor einem Jahrzehnt kamen im Zuge der Kirchenrenovierung die Fundamente eines romanischen Baus unter dem heutigen Hochaltar zu Tage. Die dem hl. Stephanus geweihte Kirche in der heutigen neugotischen Gestalt besteht seit 110 Jahren.
Im Jahr 1704 wurde Windhaag von der Pfarre Grünbach abgetrennt und selbstständig. Heute wiederum teilen sich die beiden Pfarren ihren Seel-sorger. Sechs der insgesamt 15 Pfarren im Dekanat Freistadt haben keinen eigenen Pfarrer im Ort.Mit 1600 Katholiken sind Windhaag und Grünbach etwa gleich groß. Zusammenarbeit im Seelsorgeraum wird also zunehmend wichtig werden, meint Pfarrer Josef Kramar.Die Grenzlage zu Tschechien als EU-Außengrenze bringt besondere Probleme. Die Grenze wird streng kontrolliert, fast täglich werden illegale Grenzgänger aufgegriffen, die von Schleppern nach Deutschland hätten gesch-leust werden sollen. Meist sind es Leute, die nichts haben und die in ihrer Not Schleppern ins Netz gegangen sind.
Offene Hände – offene Herzen
Aktion „geöffnet“ gab Impulse„Bei uns helfen einfach alle zusammen“, schildert Elfriede Etzlstorfer das Klima in der Pfarre. Ein junges Team um Pfarrer Josef Kramar bringt Kirche den Menschen nahe.
Es war bei der „Glaubensmission“ vor zwei Jahren, die von der Pfarre sehr intensiv begangen worden war. Auch für Elfriede Etzlstorfer brachte sie einen richtigen Motivationsschub und sie entschloss sich, sich zur Wortgottesdienst-Leiterin ausbilden zu lassen – zusammen mit Hermine Vater. Während der Woche halten auch Anna Friesenecker und Johann Zeilinger Wortgottesdienste. Einer der beiden Sonntagsgottesdienste wird jetzt als Wortgottesdienst gefeiert. Auch Pastoralassistent Peter Keplinger kommt aus Grünbach her, um Wortgottesdienste zu halten. Pfarrer Mag. Josef Kramar auch für diese Pfarre zuständig. Als Augustiner Chorherr von St. Florian hat er den längsten Weg seiner Ordensgemeinschaft ins Stift zurückzulegen.
Zwei Wochen „geöffnet“
Ursprünglich wollte die Pfarre Windhaag in der heurigen Fastenzeit „Exerzitien im Alltag“ anbieten. Als man aber von der diözesanen Aktion „geöffnet“ erfahren hat, hat sich der Pfarrgemeinderat ganz für diese Form der Verkündigung entschieden. Der Weg der Glaubenserneuerung, der vor zwei Jahren beschritten wurde, fand so seine Fortsetzung.Pfarrer Kramar hat in der Fastenzeit die besonderen Orte der Pfarrkirche selbst zum Thema der Predigten gemacht – den Altar, den Ambo, Tabernakel und Beichtstuhl. Zwischen 18. und 31. März war die Bevölkerung zu einer Reihe von Veranstaltungen eingeladen. So konnte man am 18. März bei einem von den Bewohnern der Ortschaft Riemetschlag vorbereiteten Pfarrcafé das Pfarrheim selbst erleben– und sich dabei über die Überlegungen zur anstehenden Pfarrheim-Renovierung informieren.Besonders gut angekommen ist dabei die Aktion „offene Bücher“, bei der die Leute die sie betreffenden Eintragungen in den Pfarrmatriken sehen konnten. Die Bücherei öffnete ihre Türen, ein Einkehr-Nachmittag stand unter dem Motto „offene Herzen“. Auch die Kranken waren geladen. Der Ausschuss „sozial-caritative Dienste“ feierte mit ihnen einen Gottesdienst zum Thema „offene Hände“. Die Pfarrgmeinderäte bereiteten einen Kreuzweg vor.Am 28. März gab es einen Anbetungsgottesdienst beim „offenen Tabernakel“, tags darauf führte eine „offene Wallfahrt“ im Fackelzug von Mitterbach nach St. Michael zur gemeinsamen Abendmesse.
Am letzten Märztag fuhr die Gebetsgemeinschaft „füreinander“ ins Stift St. Florian. In Windhaag gibt es eine sehr rege Gruppe dieser Gemeinschaft. Gläubige aus den Florianer Pfarren beten hier zu Hause, aber auch gemeinsam im Sinne der Anliegen des Ordens der Augustiner Chorherren.
PFARRSPLITTER
Kirche in den Ortschaften
Die einzelnen Ortschaften übernehmen monatlich den Pfarrcafé im Pfarrheim – „damit nicht immer die gleichen Leute drankommmen“. Drei Mal im Jahr gestalten einzelne Ortschaften auch einen Gottesdienst in der Pfarrkirche – einen Fastengottesdienst, die Messe zum Weißen Sonntag und den Gottesdienst zum Marienfeiertag am 8. Dezember.
Katholische Aktion
Die Katholische Frauenbewegung mit ihren zur Zeit 255 Mitgliedern begeht noch heuer ihr 50-Jahr-Jubiläum. Im Moment wird sehr viel getan, um Geld für den bevorstehenden Pfarrheim-Umbau anzusparen. Die Katholische Männerbewegung mit etwa 80 Mitgliedern wird von einem sehr jungen Team um Josef Oberreiter geleitet. Den Einkehrtag zur Fastenzeit begingen die beiden Gliederungen gemeinsam. Der Florianer Seelsorger Franz Schauer hat ihn gehalten. Er feiert ein Mal im Monat mit den Windhaagern die Messe.Vier Jugendgruppen-Leiterinnen – gute Freundinnen – bilden zur Zeit den Kern für die Jugendarbeit. So steht diese zur Zeit recht gut da. Wie’s in der nächsten Jugendgeneration aussehen wird, ist noch nicht absehbar.