Die Stiftskirche Wilhering: Meisterwerk des Rokoko und Zeugnis der Glaubensfreude
Ausgabe: 2001/15, Wilhering, Stiftskirche,
10.04.2001 - Kirchenzeitung der Diözese Linz
Die Stiftskirche Wilhering ist eine der schönsten Rokokokirchen des deutschsprachigen Raums: für Kunstinteressierte ein „Pflichtbesuch“.
„Das Geheimnis der Wirkung des überschwänglich dekorierten Kirchenraums liegt im Zusammenspiel von vielen einzelnen Dekorationselementen“, informiert eine Broschüre über Wilhering als „Sehhilfe“ für Besucher der Stiftskirche. Die Schönheit erschließt sich am ehesten dem, der den Raum in seiner Ganzheit erfasst. Nicht die Einzelheiten sind entscheidend, erst im Zusammenhang mit allen anderen Details gewinnen sie ihre Bedeutung.
Die Entstehung der Kirche in ihrer jetzigen Form ist auf den Brand am 6. März 1733 zurückzuführen, der das alte Gotteshaus und Teile des Klosters zerstörte. Die Kirche wurde nach Plänen der Barockbaumeister Munggenast, Götz und Prunner neu erbaut. Das theologische Dekorationsprogramm der Kirche lässt sich in dem Satz zusammenfassen: „Aufgenommen ist Maria in den Himmel, darüber jubeln die Engel.“ So zeigt das Hochaltarbild von Martino Altomonte die Aufnahme Mariens in den Himmel. Auch das Programm der Deckenfresken kreist – auf 450 m2 – um das Thema der Verherrlichung der Got-tesmutter.
Vom italienischen Architekturmaler Messenta stammt die Scheinarchitektur der Kuppel. Stukkateure und Marmoristen aus der Werkstatt von Franz Josef Holzinger (St. Florian) schmückten die Decke, Fensterumrahmungen und die Altarnischen. Bayerische Künstler vollendeten mit ihren Gipswolken, Blumengirlanden, Muscheln und Engelsköpfen die künstlerische Gestaltung der Stiftskirche. Die wesentlichen Ausstattungsarbeiten dürften 1748 abgeschlossen gewesen sein. Als Prunkstücke der Kirche gelten auch die Chororgel, eine Lieblingsorgel Anton Bruckners, und die Kanzel. Die Stiftskirche ist tagsüber frei zu besichtigen.
Steckbrief:
Das Wappen der Gemeinde Wilhering zeigt in der unteren Hälfte einen geflügelten Engelskopf, der auf das barocke Stift und seine berühmte Rokokokirche verweist. Die Klos-terkirche ist zugleich Pfarrkirche der 815 Katholiken zählenden Stiftspfarre. Das Gemeindegebiet deckt sich aber nicht mit der Stiftspfarre, es umfasst noch die beiden Pfarren Schönering und Dörnbach.
Die Pfarre Wilhering wurde 1784 unter Josef II. errichtet, die Seelsorge den Patres des Zisterzienserstiftes anver-traut. Stift und Pfarre sind eng miteinander verbunden. Dies wird vor allem an den Hochfesten des Kirchenjahres besonders bewusst, an denen feierliche Pontifikalämter mit klassischer Musik gefeiert werden. Stiftskapellmeister ist der bekannte Musiker und Komponist P. Balduin Sulzer.Die Stiftspfarre ist – wegen der Nähe zu Linz – durch überdurchschnittlich viele Akademiker geprägt. Zum Pfarrgebiet gehört auch das Stiftsgymnasium, das derzeit 360 Schüler und Schülerinnen besuchen. Die Klostergemeinschaft zählt zur Zeit 31 Mitglieder, die vor allem in der Pfarrseelsorge und am Gymnasium tätig sind. Blumen aus Wilhering sind ein Markenzeichen des Ortes. Sie kommen aus der Stiftsgärtnerei.
Pontifikalamt:
Ostersonntag Am Ostersonntag, dem 15. April 2001 feiert Abt Gottfried Hemmelmayr um 10 Uhr in der Stiftskirche das Pontifikalamt zum Hochfest der Auferstehung Jesu. Unter Leitung von P. Balduin Sulzer führen Chor und Orchester die „Missa festiva“ von Franz Gruber auf. Gruber war um die Jahrhundertwende Kirchenmusiker im Stift St. Florian.
Offene Pfarrgemeinde
Stiftspfarre Wilhering stärkt Gemeinschaft
Das Stift Wilhering ist ein kultureller Anziehungspunkt, in der Rokoko-Kirche hat aber auch eine lebendige Pfarrgemeinde ihre geistliche Heimat.
Eine gemeinsame Aktion der Katholischen Frauen- und Män-nerbewegung zählte zu den Höhepunkten des Pfarrlebens im vergangenen Jahr: Die Pfarre Wilhering und die evangelische Gemeinde Thening trafen sich zu zwei Gesprächsabenden. Bei der ersten Zusammenkunft stand die Einigung über die Rechtfertigungslehre im Mittelpunkt. Knapp vor dem zweiten Treffen war das vatikanische Dokument „Dominus Jesus“ erschienen, das in der ökumenischen Arbeit weltweit für Irritationen sorgte. „Das Dokument war aber kein Hindernis zu suchen, was uns verbindet“, so Pfarrer und Abt Gottfried Hemmelmayr. Sein ökumenisches Credo: „Jene Christen, die zum Wesentlichen des Glaubens vordringen, sind bereits geeint.“
Ein Markenzeichen der Stiftspfarre ist das monatliche Pfarrcafé. Neben dem zwanglosen Gespräch beim Frühstück können die Besucher/innen auch Kultur genießen. Viermal im Jahr bietet das Pfarrcafé Künstlern und Hobbykünstlern eine Plattform für ihre Arbeiten. Der Ausstellungsbogen reicht von der Fotografie bis zur Malerei. Die Angebote für die Kinder halten nicht nur die Pfarre in Schwung, sondern auch Abt Gottfried. Eine Lagerwoche ohne den Abt wäre undenkbar. Seit er 1969 Pfarrer der Stiftspfarre wurde, ist er in den Ferien mit bis zu 50 Kindern unterwegs.
Für lebendige Gottesdienste sorgt ein Team von Müttern, die im Kinderliturgiekreis die monatlichen Familienmessen vorbereiten. Diese Gottesdienste wurden für die Pfarre sehr wichtig.
Eine ansprechend gestaltete Homepage gibt über Geschichte, Gruppierungen und Veranstal-tungen der Pfarre Auskunft. Die einzelnen Kapitel werden professionell präsentiert und geben einen Einblick in die vielfältigen Aktivitäten.
Erster Ostermarkt ein Erfolg
Die Katholische Frauenbewegung der Pfarre veranstaltete vergangenes Wochende einen Ostermarkt. Eine „Musikalische Medi-tation“ am Samstag mit dem Wilheringer Damenquartett und ein „Musikalisches Mittagsmenü“ am Sonntagvormittag mit Lehrern und Schülern der Musik-schule Linz bildeten ein anspruc-hsvolles Rahmenprogramm. Bereits zur Weihnachtszeit begannen die Frauen in unzähligen Arbeitsstunden die Verkaufs-stücke anzufertigen. Neben Weihwasserflaschen, gesch-mückt mit religiösen Kreuzstichmotiven, und bestickten Weihedeckerl für den Speisenweihe-korb am Ostermorgen konnten viele „Schätze“ rund um Ostern angeboten werden. Auch wurden mehr als 300 Eier in den ver-schiedensten Techniken verziert.Den – beachtlichen – Reinerlös der Aktion verwendet die Katholische Frauenbewegung zur Renovierung des Bildstockes auf dem Rosenfeld.
„Die deutschen Klein-städter“ in Wilhering
Mit großem Erfolg führt die Theater-gruppe KBW Wilhering jährlich heitere Stücke bekannter Autoren auf. Heuer stehen „Die deutschen Kleinstädter“, ein Lustspiel von A. von Kotzebue, auf dem Programm. Die Probenarbeiten laufen bereits auf Hochtouren (siehe Foto). Premiere ist am Samstag, 21. April 2001, um 19.30 Uhr im Pfarrheim Wilhering. Die weiteren Termine: 22.und 29. 4. um 18 Uhr, am 28. 4., 30. 4. und 5. 5. um 19.30 Uhr. Freier Eintritt. Platzreservierung: Raiba Wilhering, Tel. 07226/24 32.