Der Grundstock der Universitätsbibliothek in Wien befand sich einst in Münzbach. Das eben eröffnete Pfarrhaus gibt Einblick in einige der interessantesten geschichtlichen Kapitel Oberösterreichs.
Am Gründonnerstag des Jahres 1945 wurden im Pfarrhofgarten von Münzbach – damals von den Nazis beschlagnahmt – die höchst geheimen Akten des Strafarchivs der Gestapo in Wien verbrannt. Mehr als 900 Ordner waren es. Ein Kapitel in der 400-jährigen Geschichte des Münzbacher Pfarrhauses war dies. Vom 7. bis 9. September ist das liebevoll renovierte Pfarrhaus neu eröffnet worden. Als evangelische Lateinschule wurde das Haus 1608 errichtet. In der Gegenreformation wurde es geschlossen. Joachim Enzmilner, Graf von Windhaag, machte daraus ein katholisches Alumnat – und er holte die Dominikaner in die Lateinschule von Münzbach. Unter Josef II. wurden Dominikanerschule und Alumnat 1784 geschlossen. Die herrliche Bibliothek mit 20.000 Bänden kam nach Wien – der Grundstock der Universitätsbibliothek. Wenigstens ein paar Stücke davon möchten die Münzbacher für die bevorstehende Landesausstellung 2002, in die Münzbach einbezogen ist, bekommen. Eine Sehenswürdigkeit erinnert noch an die klösterliche Zeit: Die alte Klosterküche mit Hostienbäckerei, die später als Holzlager verwendet wurde, wurde im Zuge der Renovierung hergerichtet. Nach der Klosterschließung wurde das ehemalige Stift als Siechenheim der Stadt Linz verwendet. Die Toten aus dem Heim hat man am Friedhof von Altenburg, heute zur Pfarre Windhaag gehörig, begraben.
Münzbachs Geschichte ist Geschichte Oberösterreichs. „Mein buglade Gegend“ charakterisiert Pfarrer Josef Grafeneder liebevoll die Landschaft, die den Blick weit über die Donau hin eröffnet:
„Siahgst schneeliachte Alpn, en Ötscher ganz weiß, oan’ Gipfl nahn andern, von Priel bis ins Gsäus.“
Die Pfarre mit dem schönen Fernblick will auch den Blick nach innen eröffnen. „Alle, die für Stunden oder Tage eine Oase suchen, um wieder Orientierung zu finden, zur Ruhe zu kommen oder um Kraft zu tanken“ sind im neuen Pfarrhaus willkommen, meint Pfarrer Grafeneder.
Steckbrief
Über 1700 Katholiken zählt die Pfarre Münzbach im Dekanat Perg. Schon im Jahr 1111 wurde Münzbach erstmals in einer alten Lorcher Urkunde erwähnt – mit der Bezeichnung „Munichsbach“. Weil Münzbach damals noch unbedeutend war, tauschten die Florianer Münzbach mit der einträglicheren Pfarre Ried in der Riedmark. 1174 wurde die Pfarre vom damals gegründeten Stift Waldhausen übernommen. Am Ende des 16. Jahrhunderts kam der erste evangelische Pfarrer, Mag. Valentin Lang, nach Münz-bach. Nur elf Häuser blieben damals katholisch. Unter dem „kaiserlichen Kommissär“ für die Gegenreformation, Dr. Joachim Enzmilner, der die Herrschaft über Windhaag gekauft hatte, wurde Münzbach wieder katholisch. Die Dominikaner kamen, mit ihnen die Blütezeit der katholischen Lateinschule.
Zu den berühmten Persön-lichkeiten aus Münzbach zählt Dr. Josef Salzmann. 1874 starb er in der Stadt Milwaukee in den USA. Im Jahr 1847 war der Priester nach Amerika gereist. Er war vielfältig tätig, gründete eine Zeitung und vor allem eine Schule: Auf ihn geht das erste katholische Lehrerseminar in den USA zurück. Noch heute trägt eine Bücherei in Milwaukee seinen Namen.
Mit dem Bus durch die eigene Pfarre
Die Firmlinge standen im Mittelpunkt des Festes zur Eröffnung des Pfarrhauses – als Fotokünstler und als Bewirter.
Einen Film haben sie jeweils zu zweit in die Hand gedrückt bekommen und dazu eine Aufgabe. Wo sie sich in Münzbach besonders daheim fühlen, das sollten die Firmlinge des heurigen Jahres dokumentieren. Was daraus geworden ist, ist in den neu hergerichteten frühbarocken Räumen des Pfarrhauses Münzbach noch bis 30. September zu sehen: Eindrucksvolle Einblicke in das Leben von Münzbach sind es. Die Bilder dieser Pfarr-Reportage haben die jungen Leute aufgenommen. Pfarrgemeinderats-Obmann Josef Bindreiter ist von der Qualität der Arbeiten begeistert. Beim Fest selbst haben sie nicht nur ihre Bilder gezeigt, sondern auch die Gäste bewirtet.
„In der Pfarre fühlen sich die Menschen sehr beheimatet“, betont Bildungswerkleiter Josef Langthaler. Für viele ist das Daheim von besonderer Bedeutung, müssen sie doch zur Arbeit in die Zentren auspendeln. Dazu gehören auch zahlreiche Landwirtsfamilien. Nur mehr wenige Höfe werden im Vollerwerb betrieben. Und die jungen Bauern haben es zunehmend schwerer, Lebenspartnerinnen zu finden, spricht Pfarrer Josef Grafeneder eine der Sorgen an.Bei der Eröffnung des Pfarrhauses konnten die Münzbacher ihre Pfarre noch besser kennen lernen: Der Öffentlichkeitsausschuss organisierte eine Busreise durch die eigene Pfarre, Bürgermeister und Gemeindesekretär stellten sich als „Reiseleiter“ zur Verfügung. 62 Kilometer betrug die Fahrtstrecke, auf der die Münzbacher ihre Heimatpfarre noch besser kennen lernen konnten.
Lebendige Pfarre:
– Auf 40 Jahre kann das Pfarrblatt zurückblicken. Der Öffentlichkeitsausschuss will damit nicht nur Neuigkeiten, sondern auch Verkündigung in die Häuser bringen. – Der Frauenchor ist eine Besonderheit bei der Katholischen Frauenbewegung. Dazu kommt der Kirchenchor und ein Jugend-chor. – Alle drei Chöre tragen zur festlichen Gestaltung der Gottesdienste bei. – Um die Kinderliturgie nimmt sich ein Kreis von Frauen an. Die vorbereiteten Wortgottesdienste sind stets ein Fest für die Kleinen. – Die Pfarrbücherei hat im Pfarrhaus jetzt eine noch attraktivere Unterkunft bekommen. Zur Zeit bereitet das Team einen Spielenachmittag vor, bei dem neue Spiele vorgestellt werden.
Pfarrsplitter:
MünzbacherJahresregent
Für jedes Jahr entscheidet sich die Pfarre für ein Leitmotiv, an dem sich die Arbeit aller Gruppen orientiert. „Jahresregent“ heißt dieser inhaltliche Leitfaden durch das Münzbacher Pfarrleben. Im heurigen Jahr 2001 ist das – im Zusammenhang mit der Eröff-nung des Pfarrhauses – das Motiv „In der Pfarre beheimatet“.
Projekte statt Heimstunden
Gut läuft die Jungschararbeit in der Pfarre Münzbach. Dem Lebensrhythmus vieler Men-schen entsprechend war eine „Strukturänderung“ notwendig. Statt der traditionellen Heim-stunden werden die Kinder zu „Projekten“ eingeladen – und das nehmen sie sehr gerne an. Ein Spielefest war das einmal, oder auch eine „Geisternacht“. Dabei arbeitet man mit den anderen Einrichtungen, die für Kinder etwas tun wollen, zusammen. Die „Jugend“ als Pfarrjugend gibt es allerdings nicht mehr. Es ist zur Zeit niemand da, um sich diesem Schwerpunkt zu widmen. Allerdings: Es gibt den Jugend-chor. Und es gibt drei Jugendvereine in Münzbach, sodass Angebote der Gemeinschaft ja da sind.
Unterwegs
Münzbach hat zwar ein schönes Pfarrhaus. Trotzdem geht die Kirche auch hinaus zu den Men-schen. Maiandachten und Dorfabende werden gerne angenommen – zehn Ortschaften zählen zum Pfarrgebiet. Die Bittprozessionen gehören zum festen religiösen Brauch. Die dreitägige „Pfarrwallfahrt“ führte heuer nach Südtirol. Und auch in die Nachbarpfarren weist der Weg: Mit den Pfarren Windhaag und Rechberg bahnt sich eine engere Kooperation an. Zum Ausdruck kommt das etwa beim gemeinsamen Adventsingen der Chöre oder bei einer Bibelausstellung mit Bibelgesprächen.