Menschen haben unterschiedliche Talente. Aber alle sind Geschenk desselben Gottes.
Kinder haben ein unbefangenes Verhältnis zu dem, was sie können. Ab der Zeit, in der Leistung ein Thema wird – oft verbunden mit einer gut gemeinten Erziehung zur Bescheidenheit – werden wir unsicher, verstecken die vorhandenen Fähigkeiten, messen sie an anderen oder werten sie ab. Jede Gemeinschaft lebt davon, dass sich ihre Mitglieder mit ihren Fähigkeiten und Begabungen einbringen. In christlichen Gemeinden besteht manchmal die Gefahr, dass die so genannten praktischen Begabungen und die so genannten geistlichen Begabungen gegeneinander ausgespielt werden. Der Apostel Paulus deutet alle Begabungen und Fähigkeiten als Gnadengaben des Heiligen Geistes. Das Gebet kann ein lobpreisender Dank sein für den Reichtum der Gaben – persönlich oder in der Gemeinde. Denn sie haben ein Ziel: die Liebe Gottes sichtbar zu machen (siehe Kasten).
Niemand ist wichtiger
Der Apostel Paulus schreibt aus der Stadt Ephesus Briefe an die Gemeinde in Korinth. Wer schon einmal in Korinth gewesen ist oder Bilder von dieser wunderbaren antiken Stadt gesehen hat, kann sich besser vorstellen, wie reich und blühend die Stadt Korinth mit ihren beiden Häfen Lechaion und Kenchreä gewesen ist. Korinth war einerseits eine sehr reiche Stadt, auf der anderen Seite gab es aber auch eine Unmenge von Sklaven und Sklavinnen und viel soziales Elend. Außerdem erlangte Korinth fragwürdige Berühmtheit durch die vielen Prostituierten in der Hafengegend. Paulus hat etwa von Herbst 50 bis Frühjahr 52 nach Christus die christliche Gemeinde in Korinth aufgebaut, wahrscheinlich gemeinsam mit Silas und Timotheus. Paulus hat eine recht gute und erfolgreiche Zeit in Korinth erlebt, und auch auf seinen weiteren Missionsreisen begleitete er die Gemeinde mit seinen Briefen. In ihnen behandelt Paulus verschiedene Anfragen und Probleme der Gemeinde in Korinth. Sie ist offensichtlich geistlich sehr lebendig und begabt. Das griechische Wort „Charisma“ wird mit Gnadengabe übersetzt. Heute noch begegnet es uns z. B. im Wort „charismatisch“. In Korinth gibt es außer den ganz praktischen Begabungen, wie sie in 1 Korinther 12,28–31 genannt werden, auch außerordentliche Fähigkeiten wie Wundertätigkeit oder ekstatische Zungenrede.
Im Licht der Liebe
Paulus lobt die Vielfalt an Gnadengaben und geht auch auf das Problem ein, dass es manchmal dadurch Turbulenzen im Gottesdienst gibt. Er erinnert: Die Gaben sind vom Geist Gottes geschenkt. Sie haben ihren Ursprung in dem einen Christus und sollen auch auf den einen Christus hin gerichtet sein. Die Gaben gipfeln in der Liebe, so heißt es im so genannten „Hohen Lied der Liebe“ (1 Kor 12,31–13,13): Jetzt aber bleiben „Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei: Am größten aber unter ihnen ist die Liebe.“Ein Tagesgebet aus dem Messbuch (Tagesgebete zur Auswahl, Nr. 14) greift auf den Paulus-Text zurück. Es macht deutlich, dass wir aufeinander angewiesen sind und dass wir in unseren Gnadengaben füreinander hilfreich sind.
Gott, du hast uns verschiedene Gaben geschenkt. Keinem gabst du alles – und keinem nichts. Jedem gibst du einen Teil. Hilf uns, dass wir uns nicht zerstreiten, sondern einander dienen mit dem, was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.
Der eine Geist
Der Text
Unterschiede gibt es bei den Gnadengaben, der Geist aber ist derselbe.Unterschiede gibt es bei den Diensten, der Herr ist derselbe.Unterschiede gibt es bei den Kräften, die wirken, aber Gott ist derselbe, der alles in allen wirkt.Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes gegeben, damit sie nützt.Denn dem einen wird vom Geist das Wort der Weisheit gegeben, einem anderen das Wort der Erkenntnis nach demselben Geist, einem weiteren Glaube im selben Geist,einem andern Gnadengaben der Heilungen in dem einen Geist,einem anderen Wirkkräfte zu Wundertaten, einem anderen Prophetengabe, einem anderen Unterscheidung der Geister, einem weiteren Arten von Zungenrede, einem andern aber Auslegung von Zungenrede.Dieses alles wirkt der eine und derselbe Geist; einem jeden teilt er eigens zu, wie er will. 1 Kor 12,4–11 (nach „Münchener Neues Testament“)